Geschichtliche Fundgrube
Theodor Althaus wurde zwar nicht einmal 30 Jahre alt, aber seine Rolle in Deutschlands bürgerlich-demokratischer Revolution 1848 ist es wert, näher beleuchtet zu werden. Renate Hupfeld erfüllt diese Aufgabe mit gewissenhafter Recherche und bildhafter Sprache.
Althaus wird am 26.10.1822 in Detmold in eine klerikal-protestantische Familie geboren. Der Vater bekleidet später das Amt des Generalsuperintenden des Fürstentums Lippe, die Mutter war Tochter eines Bischofs. Schon früh zeigt sich die außergewöhnliche Begabung des Jungen, der ein Einser-Abitur hinlegt und mit 18 zum Studium der Theologie nach Bonn umzieht. An der Uni kommt er schnell in Berührung mit freigeistigen Tendenzen des Vormärz, der mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm IV. in Preußen im Jahre 1840 zur vollen Blüte kommt. (Der König hatte die sogenannten Karlsbader Beschlüsse teilweise außer Kraft gesetzt und damit unwillentlich die Intitialzündung zum nationalen Aufbruch gegeben. Bei diesen Beschlüssen handelte es sich um die vom österreichischen Außenminister und späteren Staatskanzler Metternich betriebene Bespitzelung von liberalen und nationalen Kreisen.)
Der junge Student kommt in Kontakt mit kritischen Denkern, Philosophen und Literaten wie Gottfried Kinkel, Ernst Moritz Arndt, Georg Weerth, Hoffmann von Fallersleben, Georg Herwegh. Er nimmt an Diskussionsrunden, Denker-Clubs und Kränzchen teil, die ihm helfen, sich zu einem glühenden Demokraten zu entwickeln. Er schreibt Gedichte, Aufsätze und Theaterstücke. Erste Veröffentlichungen in Zeitungen folgen. Aus seinen Texten schimmert sein Traum von einer selbstbewussten deutschen Nation. Er hält wenig von den herrschenden monarchischen Strukturen und ihrem selbstherrlichen Absolutismus und fällt bald dadurch auf, dass er seine Klappe nicht halten kann.
Mit seinen Texten manövriert sich der junge Heißsporn allerdings bald ins gesellschaftliche Abseits. Er hat es nach Abschluß seines Studiums deshalb nicht immer leicht, seine Artikel in den meinungsbildenden Blättern unterzubringen. Nach Überlegungen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und Landpfarrer zu werden, muss er erkennen, dass er sich selbst diese Karriere verbaut hat. Also beschreitet er die Laufbahn aller freien Geister jener Tage: Er führt ein freies Literatenleben und verdient sein Geld mit dem Schreiben von Artikeln.
Die Märzrevolution des Jahres 1848 erlebt er unmittelbar in Berlin. Den vielen Toten setzt er mit seinen Artikeln ein literarisches Denkmal. Seine Würdigung des Freiheitskampfes des Bürgertums gegen den Absolutismus erscheint in der überregionalen Weser-Zeitung. Als »Bluttaufe der deutschen Freiheit« bezeichnet Althaus den Zoll der dramatischen Ereignisse jener Tage. Die Reaktion konservativer Kreise auf seine Arbeiten sind heftig: Mit Flugschriften und offenen Briefen wird gegen die Zeitung und seine Artikel polemisiert. Althaus schlüpft als Leitender Redakteur bei der »Zeitung für Norddeutschland« unter, die erstmals am 1. Januar 1849 erscheint. In seinen Beiträgen plädiert er für die Grundrechte des deutschen Volkes wie Meinungsfreiheit, Aufhebung der Stände, Presse- und Versammlungsreiheit, kurz all das, was wir heute als bürgerliche Grundrechte für selbstverständlich erachten.
Als am 28. März 1849 nach monatelangem Hickhack die Verfassung des deutschen Reiches verkündet wird, ist Althaus hoch zufrieden, weil er die Werte Vaterland, Einheit und Freiheit festgeschrieben sieht. Doch die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten. Am 14. Mai 1849 wird der aufmüpfige Redakteur verhaftet und wegen seiner engagierten Veröffentlichungen ins Gefängnis gesteckt und zu drei Jahren Haft verurteilt. Als er nach einem Jahr und einem Tag vorzeitig den Knast verlassen darf, ist er bereits ein kranker Mann. Am 2. April 1852 stirbt Theodor Althaus in Gotha und wird dort auch beigesetzt.
Autorin Renate Hupfeld versteht es in ihrem Buch ausgezeichnet, den Lebensweg des Freiheitskämpfers detailliert zu schildern. Sie zeigt dabei vor allem die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe auf, die den Frühmärz bestimmten. Ein geschichtlicher Überblick sowie ein Quellen-, Personen- und Literaturverzeichnis erleichtern die Orientierung im Thema. Schließlich fügte die Autorin zahlreiche Fotos von den Wirkungsstätten und Orten bei, die Theodor Althaus besuchte.
Die Veröffentlichung würdigt den Revolutionär Theodor Althaus, der sich mit jungen Jahren für den demokratischen Aufbruch Deutschlands einsetzte. Das Buch ist für jeden, der sich für neuere deutsche Geschichte interessiert, eine Fundgrube.
(C) Ruprecht Frieling