„Kunst ins Leben. Der Sammler Wolfgang Hahn und die 60er Jahre“ lautet das Motto der Ausstellung im Museum Ludwig. Ich denke an meine Sechziger in Köln, Rolf Dieter Brinkmann als Student und Autor von „Keiner weiß mehr“, „Floh de Cologne“ in der Universität. Wie sahen Wolfgang Hahns 60er aus? Nun, da sitzt der Sammler in seinem Wohnzimmer, umgeben von Exponaten in Großformat am Eingang zur Ausstellung. An Wänden und in Vitrinen sind Korrespondenzen und Fotos zu sehen, im Fernseher läuft ein Film über Aktionen von Künstlern des Nouveau Réalisme in Paris.
„Hahns Abendmahl“ entstand im Jahre 1964 nach einem Abendessen im Hause Hahn in Köln. Daniel Spoerry hatte für eine Anzahl von Gästen gekocht und nach dem Essen die Situation auf dem Tisch festgehalten, indem er alle Gegenstände einschließlich der Essenreste auf der Tischplatte festklebte. Später wurde das Bild an die Wand gehängt. Fallenbilder nannte man das. Sie entstanden aus einer alltäglichen Situation, die man auf diese Weise festhielt.
Ein weiteres seltsames Exponat ist ein Klavier, das geschmückt und behängt ist wie ein Weihnachtsbaum. Der Behang besteht aus Kinderspielzeug, Kabeln, Lampen, Figürchen, Büstenhalter und allem möglichen Kram. Nam June Paik hat dieses Werk geschaffen und es „Klavier Intégral“ genannt. Auf diese Weise wurden auch andere Gegenstände aus dem täglichen Leben verändert und verfremdet wie zum Beispiel Fernsehapparate, lese ich in der Begleitbroschüre.
Die so genannten Fluxus-Künstler gestalteten Kunstwerke, die durch Aufführung oder Event fließend in Bewegung kommen. Das Plakatmotiv für diese Ausstellung gehört dazu. George Brecht hat es „The Book of the Tumbler on Fire, Volume I, Chapter VIII, Page 3, Footnote 19“ betitelt. 1969 entstand es und zeigt: Kunst muss nicht unbedingt als Bild an der Wand hängen, sondern kann auch Aktion, Happening oder Performance sein.
George Segals weiße Gipsfigur mit Kaffeetasse auf einer Bank am Tisch sitzend wurde 1961 geschaffen. „Woman in a Restaurant Booth / Frau in einer Restaurantnische“ hat er diese Installation genannt. Sie stellt eine alltägliche Situation in einem Fastfood Restaurant nach. Das Ausstellungsmotto „Kunst ins Leben“ will ich hier mal umdrehen und sagen: „Alltagsleben in die Kunst“.
Eine weitere Besonderheit der 60er-Jahre-Kunst hab ich schon in „Hahns Abendmahl“ gesehen. Speisen und Essenreste sind Bestandteile der Materialien für ein Kunstwerk. In Dieter Roths „Kleiner Sonnenuntergang (Auf- und untergehende Sonne) (Small Sunset {Rising and Setting Sun}) von 1968 bildet eine Salamischeibe die Sonne. Untergebracht ist das Bild im Ausstellungsbereich „Schimmelmuseum“. Roth soll auf diese Weise auch Käse verarbeitet haben. Muss ich das mögen? Immerhin befindet sich der Salami Sonnenuntergang im geschlossenen Glaskasten.
„Kunst ins Leben. Der Sammler Wolfgang Hahn und die 60er Jahre“ im Museum Ludwig in Köln am 16. September 2017
Rückblicke auf meine 60er Jahre in Köln:
Rolf Dieter Brinkmann, Keiner weiß mehr
Meine kleine Tour durch das Eigelsteinviertel
Danke für diesen Flug durch den Fluxus 🙂
Flug passt, Fluxus sowieso 🙂