„Underground bedeutet zunächst einmal ein allgemeines Verhalten. Ein persönliches Verhalten, das sich abgesetzt hat von dem Verhalten der älteren Generation, die eben nur noch permanent sich selbst repräsentieren kann…“, lese ich an der Wand. Rolf Dieter Brinkmann hat das gesagt. Dem „Autor der Kölner Schule des neuen Realismus“ wird in der Ausstellung „KÖLN 68! Protest. Pop. Provokation“ eine eigene Nische gewidmet. Ein Filmchen aus der Sendung „Hierzulande- Heutzutage: Almanach der Woche“ vom 18. März 1968 zeigt ihn bei einer Feier seines Verlages Kiepenheuer und Witsch. Da wird getanzt, geplaudert, interviewt. Brinkmann sitzt vor Kaffeetasse und vollem Aschenbecher, liest aus seinem Text. „Und noch immer lächelt Liz Taylor mich an…“. Warum Brinkmann? Nun, wenn es um Protest und Provokation geht, fällt auch mir der Kommilitone ein, der mitten in das Deutschseminar hinein platzte, sich durch den vollbesetzten Raum bis zum letzten Winkel wälzte und rücksichtslos den weiteren Ablauf dominierte.
Seinen Roman „Keiner weiß mehr“ kaufte ich trotzdem, schon weil mich das Cover faszinierte, Frau im samtblauen Minirock und Bluse mit neongrünen Streifen. Ähnlich poppig gekleidet muss ich wohl auch im 68er Köln unterwegs gewesen sein. Jahre später erst las ich das Buch und sage heute: Respekt! Eine literarische Kostbarkeit! Und nun ist der ehemalige Kommilitone Protagonist der Kölner 68er Ausstellung.
Auch eine bekannte und beliebte studentische Kabarettgruppe war im 68er Köln aktiv, fünf Flöhe, die „zwicken, zwacken, beißen, kneifen…“. „Floh de Cologne“. Auch sie werden in einer extra Nische präsentiert, an der Wand „Das Floh-Lied“: „Und da kommt Ihr Nachkriegswunder, gebildet, deutsch und klerikal, ersehnt von uns den Satanszunder – ja, Menschenskind, seid ihr normal?!!“.
Was war los im Untergrund? Warum dieser Protest gegen die ältere Generation? Woher kamen die Unruhen in einer Welt der schillernden Ikonen von Film und Pop? Es lief doch alles so gut in der Wirtschaftswunderwelt!? Nein, da war Rassentrennung in Amerika, Vietnamkrieg, Notstandsgesetze, Mordanschläge auf Robert Kennedy, Martin Luther King, Rudi Dutschke. Letzteren sah man als Folge von Hetze in Organen des Springerverlages gegen die Studentenbewegung. Ja, es war eine unruhige Zeit und der Soundtrack in der Abteilung „Golghata ist Vietnam“ ist mir so bekannt, werweißwieviele Male gehört: „Eve of Destruction“.
Rolf Dieter Brinkmann: „Keiner weiß mehr“
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