Fahrradfreunde Hamm Lichterradeln 2022

Die Fahrradfreunde Hamm haben eingeladen und ungefähr 80 Radfahrende treffen sich bei Eintritt der Dunkelheit auf dem Hammer Marktplatz bei der Pauluskirche. Was wollen wir? Einmal daran erinnern, dass Radfahrende mit Warnwesten, Beleuchtung und bunt leuchtenden und blinkenden Lichtkreationen von Autofahrenden besser gesehen werden.

Zum anderen wollen wir darauf hinweisen, dass die Straße auch den Radfahrenden gehört. Um das ganz vielen Menschen zu zeigen, fahren wir in der großen Gruppe wie eine Leuchtschlange durch die Straßen der Hammer City, denn ab einer Teilnehmerzahl von 15 dürfen wir den gesamten Straßenraum nutzen und an Ampeln bei grünem Licht wie ein langes Fahrzeug so lange weiterfahren, bis der letzte durch ist.

Fahrradfreunde Hamm Lichterradeln am 29. Oktober 2022

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200. Geburtstag von Theodor Althaus

Theodor Althaus lebte in einer Zeit, als Einheit, Freiheit und Demokratie in Deutschland laufen lernen wollten. Leidenschaftlich kämpfte er für eine gerechtere Welt. Alle Menschen sollten in den Stand versetzt werden, mitzureden und an den irdischen Gütern teilzuhaben. Davon war man weit entfernt. Wenige besaßen viel, die meisten waren arm und wussten nicht, wie sie den nächsten Tag überleben sollten. Althaus Kampf um Demokratie und gerechte Verteilung der irdischen Güter kann man heute noch immer nachvollziehen. Seine Visionen und Botschaften haben somit nichts an Aktualität eingebüßt. Faszinierend ist die Geradlinigkeit, mit der er seine Ideen und Ziele verfolgte.

Als Meister des gesprochenen und geschriebenen Wortes nutzte er jede Gelegenheit, um den Menschen seine Botschaft nahe zu bringen, in Gesprächen, Predigten, Zeitungsartikeln, Publikationen, Rezensionen und schließlich als leitender Redakteur von Zeitungen in Bremen und Hannover. In allen Positionen vertrat er beharrlich seinen Standpunkt im Kampf um Demokratie, selbst wenn es ihm Nachteile und ihn ja auch letztendlich ins Gefängnis brachte.

Kurzbiografie
1822 – 26. Oktober 1822 – Theodor Althaus wird in Detmold geboren.
1840 – Abitur am Detmolder Gymnasium
1840 / 1844 – Studium der Theologie in Bonn und Jena, Philologie in Berlin
1844 – Ohne berufliche Perspektive zurück im Elternhaus.
1845 – Vorträge in Detmold und Artikel für die Bremer „Weser-Zeitung“
1846 – „Zukunft des Christenthums“
1846 – „Eine Rheinfahrt im August“
1847 – Schriftsteller, Journalist und Übersetzer in Leipzig
1848 – Korrespondent und leitender Redakteur der „Bremer Zeitung“
1849 – Leitender Redakteur der „Zeitung für Norddeutschland“ in Hannover
1849 – 14. Mai 1849 Gefängnis vor dem Clevertor wegen Staatsverrat
1850 – Entlassung aus dem Staatsgefängnis St. Godehard in Hildesheim
1850 – „Aus dem Gefängniß“
1851 – Lehrerstelle an der Hamburger Hochschule für Frauen
1851 – Ausweisung aus Hamburg
1852 – 2. April 1852 – Theodor Althaus stirbt in Gotha.

Gesamte Lebensgeschichte von Theodor Althaus erzählt im eBook und Taschenbuch:
Theodor Althaus. Revolutionär in Deutschland

26. Oktober 1822: Theodor Althaus wird in Detmold geboren
Grundrechte des deutschen Volkes
Texte von Theodor Althaus
Malwida von Meysenbug
Lesung beim Grabbepunsch
Es ist wieder März geworden
Warum Theodor Althaus?
Rezension im Grabbe Jahrbuch

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Lohhof und Kirchwelver

Das Gut Lohhof in Welver ist unser heutiges Ziel. Da gibt es neue Besitzer, haben wir gelesen und wollen mal schauen, wie es da jetzt aussieht. Das historische Gut kennen wir aus Zeiten, in denen die Möglichkeit zur Besichtigung sogar von Innenräumen bestand. Später dann konnten wir wenigstens den Hof mit schönen Gebäuden, Pavillon, Kapelle und Rosengarten anschauen. Für ein Radelpäuschen allemal geeignet.

Gut Lohhof von der Straße Im Loh

Entlang des Datteln-Hamm-Kanals fahren wir über den Uentroper Hafen und Unterführung unter der A2 hinaus bis zum Saalkampweg. Bei kräftigem Wind auf den Feldern geht’s weiter über Eilmsen nach Dinker und zu unserem Ziel, einem schönen Hof mitten in der Landschaft umgeben von einer Gräfte und Feldern. Dann die Enttäuschung: Das Tor zum Gelände ist geschlossen, zum erstenmal erleben wir das. Winterpause steht auf einem Schild. Nun ja! Hier also kein Radelpäuschen.

Kirchwelver mit St. Albanus und Cyriakus und St. Bernhard

Neues Ziel finden und das heißt Kirchwelver. Der Weg führt uns in ein Wäldchen, zwar schön windgeschützt, aber doch ziemlich rutschiger Untergrund durch Regenfälle und nasses Laub. Auf glattem Asphalt gelangen wir zum Dörfchen Kirchwelver rechtzeitig zum Angelus, der um 12 Uhr Mittag aus einem der beiden weißen Kirchtürme gerade geläutet wird. Die Rückfahrt führt vorbei am Heimathaus in ein Wäldchen, dann über Illingen, Osttünnen, Westtünnen, Pilsholz und durch die Hammer City und Lippeaue zur Kornmersch.

Walters Track zur Radtour zum Lohhof am 16. Oktober 2022

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„Richard Wagner und das deutsche Gefühl“

Komponist, Hofkapellmeister, Revolutionär, Exillant, Bankrotteur, Protegé wohlhabender Mäzene und eines Königs, in diesen unterschiedlichen Positionen habe Richard Wagner das 19. Jahrhundert erlebt und geprägt, heißt es im Flyer zur Ausstellung „Richard Wagner und das deutsche Gefühl“, 8. April bis 11. September 2022 im Pei-Bau des Historischen Museums Unter den Linden in Berlin.

Szenenfoto „Der fliegende Holländer“, Foto Hans Brand, Bayreuth 1901

Eine Reihe Abbildungen zu all den verschiedenen Positionen wurden an einer Wand zusammengetragen. Da waren Portraits, Büsten und Requisiten aus der Biographie des Protagonisten. Geboren im Jahre 1813 in Leipzig hatte er schon mit zwanzig Jahren Anstellungen an verschiedenen Theatern, erlebte im Jahre 1843 in Dresden die Uraufführung seiner Oper „Der fliegende Holländer“ und wurde zum Königlich-Sächsischen Hofkapellmeister ernannt. Es folgten Uraufführungen weiterer Opern, bis zur Revolution im Jahre 1848.

Delegierte aus allen deutschen Ländern erarbeiteten in der Frankfurter Paulskirche eine Verfassung für ganz Deutschland, die aber von den Herrschenden boykottiert wurde. Im Zusammenhang mit den Kämpfen für diese Reichsverfassung landeten viele Menschen im Gefängnis oder verließen Deutschland, wie auch Richard Wagner, wegen Teilnahme am Dresdner Aufstand im Mai 1949. Exil fand er in der Schweiz.

Wie sollte es mit seiner künstlerischen Laufbahn weiter gehen? Damit beschäftigte er sich in den Schriften „Die Kunst und die Revolution“, „Das Kunstwerk der Zukunft“, „Oper und Drama“, „Das Judenthum in der Musik“, allesamt im Jahre 1850 entstanden. Im selben Jahr wurde die Oper „Lohengrin“ in Weimar uraufgeführt, dirigiert von Franz Liszt, in Abwesenheit des steckbrieflich gesuchten Komponisten. Für den begann ein turbulentes Leben mit Wohnortwechseln, Aufführungen, Affären und finanziellen Schwierigkeiten, gegen die er immer wieder Hilfen von Sponsoren bekam, schließlich sogar vom jungen König Ludwig II. von Bayern. Seßhaft wurde Wagner dann in Bayreuth, beruflich mit dem Bau des Festspielhauses und privat mit der Villa Wahnfried.

Bühnenbildmodell „Klingsors Zaubergarten“ zum Parsifal, Paul von Joukowsky, Max und Gottfried Brückner, Bayreuth 1882

Vier Gefühle standen im Fokus der Ausstellung „Richard Wagner und das deutsche Gefühl“, Zugehörigkeit, Entfremdung, Eros, Ekel. Geniekult und Abgründe im Leben und Schaffen des Protagonisten. Bei mir bleiben Fragen: Zugehörigkeit und Entfremdung im Zusammenhang mit Umbrüchen durch Revolution und Flucht? Eros und Ekel als Widerspruch zwischen Liebe/Luxus und Scheitern/Ausgrenzung/Antisemitismus? Das „deutsche Gefühl“ bei Wagner? Germanenmythos und Heldenfiguren? Für mich dann lieber „Klingsors Zaubergarten“.

Die Fotos entstanden bei meinem Besuch der Ausstellung „Richard Wagner und das deutsche Gefühl“ am 2. Juli 2022 im Pei-Bau des Historischen Museums in Berlin.

Mein Interview mit Ruprecht Frieling: Richard Wagner: Genius oder Arschloch?

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Tiny House Hotel Pier 9

An der Kanalkante in der Hammer City gibt es seit einigen Monaten ein Hotel mit kleinen bunten Häuschen, die man zu jeder Jahreszeit mieten kann, Küche, eigenes Bad und WLAN inklusive. „Lippe“, „Ahse“ oder „Möhne“ sind drei von zehn kleinen Wohneinheiten des Tiny House Hotels Pier 9 beim Datteln-Hamm-Kanal in der Nähe der City und des Kurparks Bad Hamm und direkt am Römer-Lippe-Radweg.

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Zum Selbachpark in Hamm Pelkum

Ab auf’s Rad an diesem sonnigen Sonntagmittag und raus aus dem Hammer Norden über Kornmersch, Lippedeiche, weiße Brücken zum Lippepark in Herringen mit kurzem Fotostopp bei den Metalltoren am Ort der interreligiösen Begegnung. Weiter geht’s über die Dortmunder Straße hinweg entlang eines anderen Ortes der religiösen Begegnung, der Ulu Moschee. Wir radeln auf dem Zechenweg zu Füßen der Halde Humbert.

Nach Überquerung der Fangstraße entlang der Halde Sundern und Eisenbahnlinie durch ein Wäldchen erreichen wir den kleinen See beim Hotel im Selbachpark westlich von Pelkum. Diesen Ortsteil verlassen wir durch die Felder und Selmigerheide nach Lohauserholz. Durch die Grünstraße gelangen wir zur Südstraße und dem Hammer Marktplatz. Über Münsterstraße und durch die Lippeaue geht’s zurück in den Hammer Norden.

Walters Track zur Radtour zum Selbachpark am 9 Oktober 2022

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Nach Werne zu „Saigon“

Kornmersch im Hammer Norden

Bei schönem Wetter ist Werne an der Lippe eine Radtour wert, vor allem, wenn man plant, im vietnamesichen Restaurant „Saigon am Kirchplatz einzukehren, heute mal zu dritt. Über die Kornmersch geht’s zur Geinegge, beim Bahnhof Bockum-Hövel über den Klostermühlenweg entlang der Bahnlinie und durch die Felder über Barsen in die schöne Altstadt von Werne, dessen Rathausgiebel im goldenen Herbstlicht leuchtet. Und gleich hinter dem Rathaus steht die Kirche und zu deren Füßen unser Ziel „Saigon“.

Rathaus in Werne an der Lippe

Wir wählen wieder Gerichte mit selbstgemachtem Tofu, Gemüse, leckerer Soße und Reis. Zurück nehmen wir den Weg an der Lippeaue, das heißt durch das Naturschutzgebiet „Tibaum“, entlang des Datteln-Hamm-Kanals, bei der weißen Brücke in Hamm-Herringen über die Lippe und flugs über Deiche und Kornmersch in den Hammer Norden.

Walters Track zur Radtour nach Werne am 7. Oktober 2022

Hausgemachter Tofu bei „Saigon“ in Werne

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Vegane Tellerchen bei „Sissi und Franz“

Matterhorn, Nordend, Mont Blanc, Ludwigshöhe, Picco Luigi heißen fünf Gipfel-Shakes bei Sissi und Franz. Wir freuen uns über die fünf Viertausender an der Wand über unserem Hamm Vegan Stammtisch am Hammer Marktplatz, sozusagen für jeden von uns Fünfen ein Gipfel. Und warum sind wir hier? Vegane Burger namens „Albert“ und „Friederike“, „Pommes Franz“ mit veganer Mayo, Limonade mit Minze, Weizen, Radler.

Und klönen zum Beispiel über den veganen Mitbringbrunch, den Tina vor nunmehr viereinhalb Jahren ins Leben gerufen und trotz Corona Lockdown am Laufen gehalten hat. Da kommt beim Rückblick das eine oder andere vorgestellte Thema in Erinnerung, sei es Lebensmittel retten, nachhaltig leben, warum keine Tiere essen. Im November wird’s dann Halloween, im Dezember der Hammer Weltladen und im Januar 2023 geht es um Radfahren.

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Hexendenkmal in Hamm-Heessen

Diese Stele an der Einmündung von der Dolberger- zur Fährstraße haben wir zufällig auf der Rückfahrt von einer Radtour entdeckt. Sie informiert über Hexenprozesse zum Ende des 16. Jahrhunderts und Menschen, die in Hamm wegen Hexerei verurteilt und hingerichtet wurden. Nebenan befindet sich ein Denkmal aus Sandstein. Die Heessener Künstlerin Marianne Heimbrock hat es geschaffen zur Erinnerung an das grausame Geschehen.

Was hatten diese armen Menschen denn Schlimmes getan? Gar nichts! Es war reiner Aberglaube, wenn sie beschuldigt wurden, für den Ausbruch einer Krankheit verantwortlich zu sein, Essen vergiftet zu haben, sodass jemand krank wurde oder starb, einem Bauern das Vieh verzaubert zu haben, dass es verendete. Und es war reine Sensationsgier, wenn Leute sich auf Marktplätzen die brennenden Menschen im Scheiterhaufen anschauten.

Hexenprozess 1597: Werft sie in den Turm!

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„Andy Warhol Now“ in Köln

„Er selbst beschrieb sich als Spiegel und bewegte sich in einem Spektrum vermeintlicher Banalität und Teilnahmslosigkeit, welche seine eigene Ausrichtung bewusst und erfolgreich verschleierten.“ Zitat aus dem Begleitheft zur Ausstellung „Andy Warhol Now“ im Museum Ludwig vom 12. Dezember 2020 bis 13. Juni 2021. Ich hatte das Glück, am vorletzten Tag mit Timeslot-Ticket, Corona Impfschutz und FFP2 Maske „Andy Warhol Now“ zu erleben.

Dass die Ausstellung chronologisch aufgebaut war, erleichterte den Zugang zu diesem Künstler, dessen Leben und Schaffen doch rätselhaft ist. Andy Warhol passt so richtig in keine Schublade. Pop Art. Okay. Doch da ist noch mehr. So hangelte ich mich durch die von den Kuratoren Stephan Diederich und Yilmaz Duziewior vorgegebene und im Begleitheft nachzulesende Struktur der Präsentation, die ich für diesen Bericht übernommen habe:

1 Pittsburgh. Andrew Warhola wurde 1928 in Pittsburgh geboren, als drittes Kind eines Vaters, der 1909 aus einem Dorf in den Karpaten in die Vereinigten Staaten eingewandert war und dessen Ehefrau Julia, die 1921 ihrem Mann folgte. Die Familie schaffte den sozialen Aufstieg zum eigenen Haus und konnte den jüngsten Sohn studieren lassen. Andrew wählte den Studiengang „Painting and Design“ am Carnegie Institute of Technology in Pittsburgh.

A Gold Book

2 New York. Nach Beendigung des Studiums ging er nach New York. In der queeren Szene der Metropole konnte er als schwuler Mann freier atmen als in Pittsburgh. Er arbeitete als Werbegrafiker, Designer und Illustratur. Für seine Arbeit entwickelte er die spezielle Blotted-Line-Technik, bei der mit Tinte ein Bild auf ein Transparentpapier gezeichnet und das Motiv als Abdruck auf ein Blatt Papier übertragen wurde. Im Selbstverlag gab er Künstlerbücher heraus, zum Beispiel das in der Kölner Ausstellung präsentierte“A Gold Book“. Beschriftet wurden die Arbeiten von seiner Mutter Julia Warhola, die nach dem Tod des Vaters zu ihm nach New York gezogen war, bei ihm lebte und ihm assistierte. Warhols erste Ausstellung zeigt Illustrationen zu Erzählungen von Truman Capote. Inzwischen signierte er als Andy Warhol.

3 Pop. Im Jahre 1960 erwarb Warhol in Manhattan ein eigenes Haus. Das war möglich dank seiner Erfolge als Werbegrafiker und Schaufenstergestalter im Kaufhaus Bonwit Teller auf der 5th Avenue. In diesem Umfeld begegnete er Jasper Johns und Robert Rauschenberg, die mit der künstlerischen Bearbeitung von Objekten aus Konsum und Werbung neue Wege gingen.

Mit „100 Campbell’s Soup Cans“ entwickelte Andy Warhol seinen Stil in Richtung Pop Art. Nach den einzeln gemalten Suppendosen entdeckte er mit dem Siebdruck die Möglichkeit, ein Motiv in Serie zu produzieren, so Zweidollarscheine in „Two Dollar Bills“. Als Vorlage diente ein einziger gemalter Geldschein. Interessant auch seine Arbeit „White Brillo Boxes“, Holzwürfel, die auf allen Flächen bedruckt, bemalt und dann gestapelt wurden.

Schließlich entdeckte er die Möglichkeit, anstatt Zeichnungen, Fotomotive als Vorlagen zu nehmen. So entstanden mit dem Siebdruckverfahren „Texan (Portrait Robert Rauschenberg)“, „Silver Liz (Aka Liz Taylor)“ und nach einem Pressefoto „Marilyn Diptych“, bekannte Persönlichkeiten dargestellt und erlebt im Spannungsfeld zwischen Privatleben und Produkt in den Medien.

4 Disaster. Das Drama im Gesicht der trauernden Jacky im „Jackie Triptych“ machte beim Betrachten Gänsehaut. Als Vorlage dienten Warhol verschiedene weit verbreitete Ausschnitte aus Medien nach dem Attentat auf John F. Kennedy am 22.11.1963. Weitere Desaster Motive aus den Medien waren in der Ausstellung zu sehen, so zu Katastrophen wie Flugzeugabsturz, Gewalt bei Protestkundgebungen und Tod.

5 Silver Clouds. Mit der Serie „Flowers“ in Anlehnung an „Flower Power“ als Protest gegen den Vietnamkrieg war Andy Warhol nach den Informationen im Begleitheft zur Ausstellung „auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere“ und so sah er selbst es wohl auch. In Zukunft wollte er sich mehr dem Filmen zuwenden, ein Medium, präsentiert zu Beginn der Kölner Ausstellung mit einer Auswahl „Screen Tests“, gefilmte Portraits.

Auch der im Raum mit den Brilloboxen präsentierte Film „sleep“ ist ein seltsames Werk. Es zeigt einen viele Stunden lang gefilmten schlafenden Mann, musste man nur ein paar Minuten anschauen. Sehr viel Spaß hingegen bereitete der Raum „Silver Clouds“ mit einer Tapete aus rosa Kuhköpfen und mit Helium gefüllten silbernen Ballons, die man beliebig oft in gegen die Decke schubsen konnte.

6 Factory. Wenn Andy Warhol seine Ateliers „Factory“ nannte, bezog sich das auf die Art und Weise, dass seine bildnerischen und filmischen Werke wie in einer Fabrik in Serie entstanden. Sie sei „ein experimentelles Kunststudio und sozialer Raum“ zugleich gewesen, heißt es im Begleitheft. Das ging natürlich nur mit einem Team von vielen Mitarbeitenden für neue Projekte, Besetzungen, Requisiten, Logistik und Buchhaltung.

7 exploding plastic inevitable. Der Raum zeigte eine Multimediashow, gestaltet vom Andy Warhol Museum in Pittsburgh. Exploding Plastic Inevitable (EPI) ist eine Zusammenstellung von Shows, Livemusik-Gigs in Musikclubs und Colleges, Ausschnitten aus Warhols Filmen, überlagert von farbigen Folien und Sroboskoplichtern, laut und schrill. Dabei ist auch die Band „The Velvet Underground“ mit Sänger Lou Reed und Sängerin Nico.

8 selfportrait. Ich zitiere aus dem Begleitheft zur Ausstellung: „Im Gegensatz zur Inszenierung seiner Person im Zentrum der schillernden Silver Factory und dem Aktionismus dieser Jahre nimmt Warhol in „Self-Portrait“ die Pose des Denkers ein. Diese Pose erinnert an Darstellungen der Melancholie. Seine Gesichtszüge haben keinen klaren Umriss. Ohne scharfe Kanten und durch die Überlagerung der Farbschichten wirkt das Gesicht wie weichgezeichnet. Der flächige Auftrag der Farbe im Siebdruckverfahren unterdrückt jede Gestik in der Malerei.“

9 attentat. Im Jahr 1968 mussten Warhol und Mitarbeitende die Silver Factory verlassen. Er zog mit seinem Team um in neue Räume am Union Square. Dort drang am 3. Juni eine Frau namens Valerie Solanas ein und schoss auf ihn. Klinisch tot wurde er ins Krankenhaus gebracht und trotz schwerster innerer Verletzungen retteten die Ärzte sein Leben. Doch er war schwer traumatisiert, körperlich eingeschränkt und misstrauisch geworden.

10 Mutter. 11 Tod. 12 Publikationen. Zu dem Zeitpunkt lebte Mutter Julia Warhola seit mehr zwanzig Jahren bei ihm in New York, hatte ihn versorgt, ihm assistiert und ihm Halt gegeben. Inzwischen hatte sie allerdings selbst Probleme, und zwar mit zunehmender Demenz. Ein Geliebter zog zu Andy Warhol und half ihm, wieder in das Leben und in die Arbeit zurückzufinden, wurde er doch allein durch die tiefen Narben auf der Brust täglich und stündlich an das schreckliche Geschehen erinnert. Das Thema Tod war allgegenwärtig und erst recht, als Julia Warhola im Jahre 1972 starb. Diese erlebte Bedrohung fand Ausdruck in der Serie „Electric Chair“. Da passt das Bild: Warhol als „Invisible Sculpture“ (1985) und die Vision, wie in einer Strahlenmaschine einfach zu verschwinden.

13 Mao. Zurück in die Siebziger. Ein massenhaft reproduziertes Foto von Mao Zedong wurde Vorlage für Warhols massenhafte Produktion von Mao Portraits. Er benutzte das Bild für freie künstlerische Bearbeitung, wenn er den Großen Vorsitzenden mit Lidschatten und grell geschminkten Lippen darstellte. „Warhol erhöht das Bild zu einem Kunstobjekt und banalisiert es gleichzeitig zu einem westlichen Konsumprodukt“, heißt es im Begleitheft.

14 Abstraktion. 15 Andy in Drag. Wie Jackson Pollock mit seinen „Drippings“, so konnte auch Warhol mit den „Piss Paintings“ seltsame Blüten der Abstraktion produzieren. Beim „Oxidation Paintings“ bleibe ich jedoch auf Abstand. Fotos von „Andy in Drag“ präsentieren das Covermotiv für den Katalog zu „Andy Warhol Now“. Anspielung auf die Queerness? Das Foto zeigt einen als Kunstfigur verkleideten und geschminkten Andy Warhol.

16 Stitched Photographs & Plattencover. Merkwürdigkeiten wie mit der Nähmaschine zusammengenähte Fotografien und Warhols Perücken sind in der Ausstellung zu sehen. Außerdem eine große Auswahl der von ihm in Jahrzehnten gestalteten Plattencover zum Beispiel zu Alben von Velvet Underground und den Rolling Stones. Da sehen wir schöne Portraits von Mick Jagger, Debbie Harry und John Lennon.

17 Gesellschaftsportrait. „Geldverdienen ist eine Kunst, und Arbeiten ist eine Kunst, und ein gutes Business ist die größte Kunst“, wird Andy Warhol zitiert. Portraits in Siebdrucktechnik verkaufte er als Plattencover sowie für die Wohnzimmer reicher Abnehmer*innen. Damit konnte er Projekte wie das Magazin „Interview“ finanzieren und verschiedene Fernsehshows, eine Auswahl war Besuchern der Ausstellung zugänglich.

18 80er. Warhol produzierte Formate wie „Andy Warhol’s TV“ und „Andy Warhol’s fifteen Minutes“. In dieser Zeit entstand das merkwürdig auffällige Selbstportrait, ein Gesicht in knallroter Farbe auf schwarzem Grund umgeben von wild in die Luft schießenden Haaren mit einem Ausdruck zwischen schlimmstem Horror und absoluter Leere. Mitte der Achtziger entstanden auch Andy Warhols Bearbeitungen von Leonardo da Vincis „Das letzte Abendmahl“.

Die Fotos entstanden bei meinem Besuch der Ausstellung „Andy Warhol Now“ im Museum Ludwig am 11. Juni 2021

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