In diesem Jahr hatte ich schon einige Male die Gelegenheit, eine Zeit am Bahnhof Limburg-Süd zu verweilen, heute mal wieder, auf den ICE nach Köln warten. Mit Hilfe einer besonders großen und groß beschrifteten Taste an einer Säule öffne ich die schwere Tür zum Bahnhofsgebäude. In diesem Moment wird mir klar: das gute Stündchen wird verdammt lang werden. Hier gibt’s zwar einen Backshop mit ein paar Tischchen, doch der hat nur bis Mittag geöffnet. Neuerdings ist sogar der Durchgang mit einem Gitter abgesperrt. Naja. Hoffentlich hat der 15:49er nicht auch noch Verspätung wie vor einer Woche. Ich gehe auf die andere Seite des Innenraums und setze mich auf eine Bank. Hier hab ich schon mal einen Blick über Gleis 1 und vier Schienenstränge hinweg zu Gleis 4, auf dem mein ICE später dann ein- und abfährt. Kein Mensch weit und breit.
Ich hab Kaffee und Brötchen im Rucksack und WLAN. Das hilft ein paar Minuten, bis vom graufleckigen Boden Kühle an mir hochkriecht. Immerhin bin ich hier ja geschützt gegen den oktobrigen Herbstregen. Doch ich muss mich bewegen und drücke die Taste für die schwere Tür zum Gleisbereich. Da lande ich auf Gleis 1 direkt neben der Treppe, die etliche Stufen hoch zum Übergang führt. Pfützen auf dem Plateau, das Dach ist also an einigen Stellen undicht. Egal, von hier hab ich einen Blick auf die Gleise, auf der einen Seite Richtung Frankfurt, links Felder nach Lindenholzhausen, rechts ein großes Parkhaus, auf der anderen Richtung Köln, links Bürogebäude und Parkplatz, rechts Büsche und Felder. Wie aus dem Nichts rauscht ein ICE von Köln heran, rast auf einem der mittleren Gleise und ist auch schon wieder weg nach Frankfurt. Im Gegensatz zum rasenden ICE kriecht die Zeit. Ach ja, Bewegung.
Ich gehe die Treppe hinunter auf Gleis 4, wo ich hoffentlich in einer Stunde befreit werde. Blaues Display noch ohne Information. Dafür eine Durchsage, man soll auf sein Gepäck achten. Ach ja! Ich bin immer noch der einzige Mensch weit und breit. Auf dem Bahnsteig gehe ich in Frankfurter Richtung bis zum Ende, Treppe hoch zu den Feldern, oben ein Fahrrad am Geländer angekettet. Beim Zurückgehen sehe ich, wie oben der Minutenzeiger weiterspringt. Schön! Ein paar Mal mache ich diese Strecke, dann das Gleiche in Kölner Richtung bis zum Ende und Treppe auch hier. Kein Fahrrad. Ein paar weitere ICEs sind inzwischen durchgezischt.
Und plötzlich weiße Schrift auf blauem Display. 15:49, Köln Hbf. Jawoll. Und da sitzt auch schon eine Frau mit Smartphone auf der Bank und gegenüber auf Gleis 1 stehen inzwischen ein paar Reisewillige in Richtung Frankfurt. Ansage für Gleis 1: Der ICE um 15:57 fällt aus, wegen technischer Störung am Zug. Sie bleiben trotzdem stehen, warten wohl auf den nächsten oder Ersatz. Keine Ansage für Gleis 4, das verspricht Erlösung. Die kommt tatsächlich pünktlich. Der ICE bringt mich in 40 Minuten über die Hohenzollernbrücke in den Kölner Hauptbahnhof, wo auf Gleis 2 der 16:44er ICE über Wuppertal Richtung Berlin bereit steht. Durch das Gewusel auf Gleis 4, die Treppe hinunter, hoch auf Gleis 2 hasten und reinspringen. Geschafft. 17:55 bin ich in Hamm.
Limburg-Süd – Köln am 8. Oktober 2019