Drei Tage vor der „kalten Sophie“ den Eisheiligen entfliehen und in den holländischen Sommer träumen heißt, mit dem RRX von Hamm nach Dortmund fahren und den kurzen Weg vom Hauptbahnhof zum Dortmunder U gehen. „Ein Gefühl von Sommer …“ ist der Titel der aktuellen Ausstellung. Schon aus einiger Entfernung ist über dem Eingangsportal großzügig pinkfarben umrahmt das „Mädchen mit Blume“ zu sehen. Albert Neuhuys hat es im Jahre 1910 gemalt, erfahre ich später, als ich vor dem kleinen Original in Öl stehe. Unten im Foyer dann eine ganze Wand mit Hashtags #EinGefühlvonSommer und #SommerimMO. Da sind Badende am Strand, zwei Sonnenhüte in den Dünen und das blaue Meer bis zum Horizont. Das Museum Ostwall (MO) hat die Ausstellung im 6. Stock des U aufgebaut, eine Auswahl Bilder aus dem „Singer Museum“ in Laren, einem Ort etwa dreißig Kilometer östlich von Amsterdam. Der Name des Museums geht zurück auf das amerikanische Künstler- und Sammlerehepaar William Singer und Anna, das sich im Jahre 1902 in Laren niederließ. Was war los in diesem mir bis dato unbekannten holländischen Örtchen? Nun, so um 1870 hatte ein Maler namens Jozef Israels das Leben auf dem Land und die Faszination der Landschaft als Quelle der Inspiration für sich entdeckt. Später kamen weitere Maler aus Den Haag, Bergen und anderen Gegenden hinzu und es entwickelte sich eine Künstlerkolonie. Nach Williams Tod ging auf Annas Initiative ihre Sammlung in das „Singer Museum“ über, das nun eine Auswahl seiner Bilder für die Dortmunder Ausstellung zur Verfügung stellt.
Sechs Rolltreppen höher begegnen wir dann den beiden schon etwas älteren Singers gleich im ersten Ausstellungsraum. Auch Bilder von William und Wandinformationen zur Larener Künstlerkolonie sind da zu sehen. „Landschaft und Genre“. Anton Mauve von der Haager Schule sei einer der bekanntesten Larener Maler, lese ich im Flyer. In seinem Gemälde „Das neugeborene Lamm“ von 1884 leuchten die leichten Sommerfarben zwar nur blass, Landschaft, Motiv und Komposition gefallen mir jedoch sehr gut. Richtig sommerlich wird dann im nächsten Raum, impressionistische Gartenidylle, Frau mit Sonnenschirm, um ein Tischchen herum weiße Korbsessel, zwei weitere Frauen, eine in weiß, die andere mit gelber Bluse und hellem Hut, rot und gelb leuchtender Blütenzauber, Sommer pur. Leider hab ich mir nicht gemerkt, von wem und wann „Sommertag“ gemalt wurde. Den nächsten Künstler im Raum „Moderne Landschaft“ hab ich mir jedoch notiert. Es ist Ferdinand Hart Nibbrig. Von ihm stammen das Strandmotiv im Foyer und zwei weitere Bilder mit holländischem Strand- und Dünenleben, durch den französischen Impressionismus und Pontilismus beeinflusst, steht im Flyer, Hauch von Sommer in jedem Fall.
Beim Weitergehen erkenne ich, dass es sich hier um einen Querschnitt durch die niederländische Malerei des ausgehenden 19. und angehenden 20. Jahrhunderts handelt. Wenngleich mir kaum ein Name der hier präsentierten Künstler bekannt ist, sehe ich doch Parallelen zu bekannten Werken. Das „Stillleben mit Blumen“ von Leo Gestel aus dem Jahre 1913 passt somit voll zum nächsten Motto: „Avantgarde“. Da werden eingefahrene Gleise verlassen und Neues ausprobiert. Einige Bilder erinnern an expressionistische von Münter und Kirchner oder abstrakte von Wassily Kandinsky wie das schön verspielte „Timesquare“ von Adrian Lubbers aus dem Jahre 1953. Und schließlich bin ich bei den Arbeiten einer Studentengruppe zum Sommermotto von 2019. Wie schön, dass auch ihnen in der Ausstellung ein Plätzchen eingeräumt wird!