Limburg-Süd

In diesem Jahr hatte ich schon einige Male die Gelegenheit, eine Zeit am Bahnhof Limburg-Süd zu verweilen, heute mal wieder, auf den ICE nach Köln warten. Mit Hilfe einer besonders großen und groß beschrifteten Taste an einer Säule öffne ich die schwere Tür zum Bahnhofsgebäude. In diesem Moment wird mir klar: das gute Stündchen wird verdammt lang werden. Hier gibt’s zwar einen Backshop mit ein paar Tischchen, doch der hat nur bis Mittag geöffnet. Neuerdings ist sogar der Durchgang mit einem Gitter abgesperrt. Naja. Hoffentlich hat der 15:49er nicht auch noch Verspätung wie vor einer Woche. Ich gehe auf die andere Seite des Innenraums und setze mich auf eine Bank. Hier hab ich schon mal einen Blick über Gleis 1 und vier Schienenstränge hinweg zu Gleis 4, auf dem mein ICE später dann ein- und abfährt. Kein Mensch weit und breit.

Ich hab Kaffee und Brötchen im Rucksack und WLAN. Das hilft ein paar Minuten, bis vom graufleckigen Boden Kühle an mir hochkriecht. Immerhin bin ich hier ja geschützt gegen den oktobrigen Herbstregen. Doch ich muss mich bewegen und drücke die Taste für die schwere Tür zum Gleisbereich. Da lande ich auf Gleis 1 direkt neben der Treppe, die etliche Stufen hoch zum Übergang führt. Pfützen auf dem Plateau, das Dach ist also an einigen Stellen undicht. Egal, von hier hab ich einen Blick auf die Gleise, auf der einen Seite Richtung Frankfurt, links Felder nach Lindenholzhausen, rechts ein großes Parkhaus, auf der anderen Richtung Köln, links Bürogebäude und Parkplatz, rechts Büsche und Felder. Wie aus dem Nichts rauscht ein ICE von Köln heran, rast auf einem der mittleren Gleise und ist auch schon wieder weg nach Frankfurt. Im Gegensatz zum rasenden ICE kriecht die Zeit. Ach ja, Bewegung.

Ich gehe die Treppe hinunter auf Gleis 4, wo ich hoffentlich in einer Stunde befreit werde. Blaues Display noch ohne Information. Dafür eine Durchsage, man soll auf sein Gepäck achten. Ach ja! Ich bin immer noch der einzige Mensch weit und breit. Auf dem Bahnsteig gehe ich in Frankfurter Richtung bis zum Ende, Treppe hoch zu den Feldern, oben ein Fahrrad am Geländer angekettet. Beim Zurückgehen sehe ich, wie oben der Minutenzeiger weiterspringt. Schön! Ein paar Mal mache ich diese Strecke, dann das Gleiche in Kölner Richtung bis zum Ende und Treppe auch hier. Kein Fahrrad. Ein paar weitere ICEs sind inzwischen durchgezischt.

Und plötzlich weiße Schrift auf blauem Display. 15:49, Köln Hbf. Jawoll. Und da sitzt auch schon eine Frau mit Smartphone auf der Bank und gegenüber auf Gleis 1 stehen inzwischen ein paar Reisewillige in Richtung Frankfurt. Ansage für Gleis 1: Der ICE um 15:57 fällt aus, wegen technischer Störung am Zug. Sie bleiben trotzdem stehen, warten wohl auf den nächsten oder Ersatz. Keine Ansage für Gleis 4, das verspricht Erlösung. Die kommt tatsächlich pünktlich. Der ICE bringt mich in 40 Minuten über die Hohenzollernbrücke in den Kölner Hauptbahnhof, wo auf Gleis 2 der 16:44er ICE über Wuppertal Richtung Berlin bereit steht. Durch das Gewusel auf Gleis 4, die Treppe hinunter, hoch auf Gleis 2 hasten und reinspringen. Geschafft. 17:55 bin ich in Hamm.

Limburg-Süd – Köln am 8. Oktober 2019

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Hammer Garten im Herbst

Der Sommer war groß, lang und ging doch irgendwann zu Ende. Bevor das Grün verblasst, gibt der Herbst noch mal alles. Die Farben im Hammer Garten sind prächtiger als alle Farben des vergangenen Sommers. Das muss ich hier mal festhalten, um mich dann im Winter daran zu freuen.

Hammer Norden am 9. Oktober 2019

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Veganer Mitbring Brunch im Oktober

Am ersten Sonntag im Oktober kam am späten Vormittag richtig Leben in das Hammer Staddteilzentrum FeidikForum: Wie an jedem ersten Sonntag im Monat hatte Tina wieder zum monatlichen veganen Mitbring Brunch eingeladen. Da kamen wieder zahlreiche „Mitmachmenschen“ und packten eifrig ihre mitgebrachten veganen Köstlichkeiten auf den fein vorbereiteten Tisch für das Buffet, Linsenbuletten, fritierte Tofustäbchen, scharfe und weniger scharfe Nudeln mit Oliven, Pinienkernen und Tomaten, Kartoffelsalat mit schwarzen Bohnen, Flammkuchen mit roten Zwiebeln, gefüllte Teigtaschen, Dipps mit Paprika oder Knoblauchmayo, eine vegane Käseplatte mit Camenbert, leuchtend orangener Hokkaidokürbis aus dem Backofen und süße Leckereien wie vom Konditor.

Alles dabei, sei es die hohe Glitzertorte mit bunter Beerenmütze, der Schokotortentraum, Pflaumencrumble mit Sahne, KäseApfelTorte und verschiedene Muffins mit bunten Cremehauben. Jedenfalls waren meine veganen Tellerchen wieder bunt und lecker. Ach ja: Vor dem Run auf das Buffet gab es wieder Info zu einer veganen Veranstaltung, diesmal von Jennifer Simon, die den ersten veganen Wintermarkt nach dem Motto „Mandelmond und Zimtsterne“ in Münster ankündigte. Am 15. Dezember 2019 von 11 bis 19 Uhr gibt es an 30 veganen Ständen Speisen, Kleidung, Informationen und Austausch. Der Hammer Fotograf Andreas Friebel war übrigens dabei und wird auf seinen Seiten lecker vegane Fotos bereitstellen.

Videoschwenk über den veganen Mitbring Brunch in Hamm am 6. Oktober 2019

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Kolumba

Kolumba sei „ein Dreiklang aus Ort, Architektur und Sammlung“, heißt es im Flyer zum Kunstmuseum des Erzbistums Köln, Kolumbastraße 4 in der Kölner Innenstadt. Den Zweiklang von Ruine der im zweiten Weltkrieg zerstörten Kirche St. Kolumba und moderner Fassade bewundere ich jedesmal, wenn ich um das Gebäude herum gehe.

Jetzt bin ich mal bis ins Foyer des Museum hineingekommen und nehme mir einen Besuch vor. Diesmal reicht es nur bis zur Kapelle „Madonna in den Trümmern“, gewidmet der Marienstatue, die unbeschadet aus den Kriegstrümmern geborgen wurde. Ich stelle mein Friedenslicht auf die Stufen und schreibe auch diesmal wieder ins Gästebuch: „Bitte nie wieder Krieg“.

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Oktober 1848: Trauerspiel in Wien

[…]
Ruhe gab es nicht. In jenen Oktobertagen des Jahres 1848 sorgte die österreichische Hauptstadt für Schlagzeilen. Da die blaugelbe Habsburgermonarchie so viele verschiedene Volksstämme unter sich vereinigte, waren die revolutionären Zentren entsprechend weit gestreut. Neben Wien waren das zum Beispiel auch Prag, Mailand und vor allem Ungarn. Unter dem Titel Revolution in Wien am 6. und 7. October ließ Althaus am 10. Oktober zwei Korrespondentenberichte vom Schauplatz des Geschehens in Wien abdrucken. Demnach gab es eine Meuterei von Angehörigen zweier Bataillone, die auf Anordnung des Kriegsministers Latour gegen die aufständischen Ungarn ausrücken sollten. Den Verweigerern schlossen sich Arbeiter und Studenten an und unterstützten sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. In der Nähe des Nordbahnhofs wurden Eisenbahngleise zerstört und die Taborbrücke durch Entfernen eines Jochs und den Bau einer stabilen Barrikade unpassierbar gemacht. Mit weiteren Barrikaden versuchten sie den Nachschub der Armee zu stoppen. Eine aufgebrachte Menge stürmte zum Kriegsgebäude. Dort wurde Latour aufgespürt und ermordet. Nach Eroberung des Zeughauses waren die Aufständischen bewaffnet. Auf beiden Seiten gab es Tote und Verletzte. Kaiser Ferdinand I. verließ mit seinem gesamten Hof das Schloss Schönbrunn und der Wiener Reichstag übernahm sowohl die konstituierende als auch die exekutive Gewalt. Fazit des Wiener Korrespondenten: Beim Schlusse dieses Berichtes war ganz Wien bewaffnet und, eine übrig gebliebene Aufregung abgerechnet, ruhig. Grund zum Jubeln? Nein, meinte der leitende Redakteur der Bremer Zeitung und erinnerte tags darauf an die gemeinsame Zugehörigkeit der Slaven und Magyaren zur Habsburger Dynastie und die Bedeutung dieses Mehrvölkerlandes für Deutschlands demokratische Entwicklung. Die sei weder in der slavischen Affinität zur Monarchie ausgeschlossen noch sei sie im magyarischen Unabhängigkeitsstreben garantiert. Die Kämpfe in Wien wertete er nicht als revolutionären Erfolg, sondern als beginnenden Bürgerkrieg mit gräulichen Bildern wie die Blutlachen im Stephansdom und den ermordeten Minister Latour aufgehängt an einer Laterne vor dem Kriegsgebäude. Wir sehen mit tiefem Schmerze und noch ohne versöhnende Hoffnung für die wahre deutsche Einheit, den Beginn des Bürgerkriegs und den Wiederausbruch der kaum versöhnten Völkerfeindschaft in den Octobertagen von Wien.
Dabei hatte das Trauerspiel Oesterreich so vielversprechend begonnen mit einem Frühlingsschauer von Liebe, Dank, Jubel und stolzer Freude, der Metternich, den verhassten Drahtzieher des Deutschen Bundes, verjagt hatte. Althaus dachte an seine vor der Knute Metternichs geflüchteten österreichischen Dichterfreunde in Leipzig und deren Erzählungen von jungen Märtyrern der Freiheit und von Klagelauten jenseits der schwarzgelben Schranken, die am 13. März 1848 gefallen waren. In diesem Wiener Frühling war sowohl der Zusammenhalt der österreichischen Volksgruppen als auch die Zugehörigkeit zu Deutschland in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gegeben. Doch mit den Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Volksgruppen und der militärischen Einmischung der Deutschen war das gemeinsame Ziel völlig verwischt und für Althaus in weite Ferne gerückt.
Das Trauerspiel hatte den Höhepunkt noch nicht erreicht. Die Stadt Wien wurde von kaiserlichen Truppen unter Windischgrätz eingekesselt und am 31. Oktober 1848 zurückerobert. Zweitausend Todesopfer, viele Verletzte und schreckliche Verwüstungen hatte der Aufstand gekostet. Und die herrschenden Rächer wüteten gnadenlos mit Verhaftungen, Verhören und Todesurteilen.

Leseprobe aus:

Theodor Althaus. Revolutionär in Deutsschland

Hier der Leitartikel von Theodor Althaus zur Wiener Tragödie in der Bremer Zeitung vom 16. Oktober 1848

Trauerspiel Österreich

* Oesterreich war von uns getrennt, so lange die Freiheitskräfte der deutschen Welt in unruhigem Schlummer dem Erwachen entgegenrangen. Wien war die bittere Erinnerung an die geraubten Früchte des Freiheitskrieges, Wien war das Centrum der eisernen Fäden die uns nach jedem halbgelungenem Aufschwung von neuem umspannten und zu Boden hielten. Wir hörten die Klagelaute von jenseits der schwarzgelben Schranken her, wir begrüßten die flüchtigen Dichter, die jugendlichen Mätirer der Freiheit – und eine bittere Verwünschung klang nach, über das Volk des feigen Wohllebens und des gemüthlichen Slaventhums.
Als aber dies Volk sich im März erhob und gegen seinen alten Tyrannen zusammenströmte, als es vor den angeschlagenen Gewehren rief: „stehen, stehen bleiben!“ und stand, bis die Freiheit gewahrt, der Mann des allgemeinen Hasses verjagt war; da brach ein Frühlingsschauer von Liebe, Dank, Jubel und stolzer Freude über unsere deutschen Brüder in Oesterreich los. Der Anschluß verstand sich von selbst, Oesterreich mußte eins sein mit uns – so weit die deutsche Zunge klingt, das soll es sein! Was that’s, daß nur zwei von seinen Söhnen mit ihm Vorparlamente tagten? Die Wahlen zur deutschen Nationalversammlung wurden ausgeschrieben, österreichische Abgeordnete erschienen in Frankfurt, die Souveränetät der Nation ward proclamirt, der erste Beschluß der Einheit gefaßt: die Verfassung, die in Frankfurt gegeben wird, soll das höchste Gesetz für alle Einzelstaaten sein!
Das alles war wie im Taumel geschehen, die g e r m a n i s c h e W e l t erschien gegründet und zzsammengeschlossen in e i n Reich. Das politische Losungswort dieses Reichs in Europa war: Feindschaft mit Rußland! Und worin wurzelte Rußlands Macht, als in seiner s l a v i s c h e n Nationalität, mit deren Anziehungskraft es alles gleichartige zu vereinen und als eine s l a v i s c h e Welt der deutschen gegenüber zu treten drohte! Seit Jahren sahen wir wie ein dunkel schwankendes Gespenst den Gedanken des P a n s l a v i s m u s im Osten sich regen; und wenn das Slaventhum genannt wurde, dachten wir nur an Feindschaft auf Tod und Leben gegen Deutschland, gegen den Geist, die Bildung, die Völkerfreiheit. Unser H a ß nahm d i e s e n Namen zum Symbol, und je weiter nach Osten, desto inniger ward diese Verbindung; wer die Freiheit liebte in Wien, glühte von H a ß gegen das Slaventhum. Unsere Jahrtausendlange Bildung und unsere einen Frühling junge Freiheit gaben uns ein Recht zu diesem Hasse, der jetzt das V e r h ä n g n i ß Deutschlands geworden ist.
Denn als in Wien Freiheit und Constitution proclamirt war: da regte sich die slavische Welt, da tauchte es wie eine Entdeckung einer unerhörten Thatsache auf, daß von Oesterreichs Völkern die überwiegende Zahl nicht deutsch, sondern slavisch war. Die Slaven ….en das Haupt der neuen Erlösung entgegen, sie fühlten sich als Nation wie wir, sie berauschten sich an dem ersten Freiheitstrank nach dem langen Schmachten, wie wir. In Prag tagte ihr Slavencongreß, wie unser Vorparlament in Frankfurt, und dort wie hier kam alles Neue, Gährende, Ungewisse und Ueberschwängliche zu leidenschaftlichen Worten und Beschlüssen, denen die ungestümen Thaten folgten, wie in Baden der Republikanerzug, so die Insurrection in Prag.
Aber wie ein Wunder und ein Triumph der Freiheit trat bald aus diesen panslavistischen Herrschaftsgelüsten ein andrer Charakter hervor; mit aller Glut des ersten Enthusiasmus umfassten die slavischen Völker den Freiheitsgedanken; eine Provinz um die andere erhob ihre fordernde Stimme für das, was sie Deutschen in Wien errungen hatten; Gleichberechtigung der Nationalitäten war das letzte Wort, die Bürgschaft, die sie hinzusetzten. „E i n e i n i g e s O e s t e r r e i c h, i n F r e i h e i t, G l e i c h h h e i t u n d B r ü d e r l i c h k e i t aller seiner Völker!“
Ja, d i e s e n Gedanken durften die kroatisch-slavonischen Deputirten vor dem Erzherzog Johann in Wien damals mit Recht „einen erhabenen Gedanken“ nennen, „der uns begeistert, fügten sie hinzu, und der nach unsrer Ueberzeugung allein werth ist, sich an die Seite der weltgeschichtlichen Ereignisse in Frankfurt zu stellen.“
So gelang; der souveräne Reichstag Oesterreichs kam zusammen in Wien; die Slaven wählten als ein Zeichen ihrer Freundschaft zum ersten Präsidenten einen Deutschen; die deutsche Sprache, die natürliche Vermittlerin der Nationalitäten, fand keinen Widerspruch.
Vor uns schien eine glückliche Zukunft ihre Thore zu öffnen. Wenn es gelang, die Verheißuungen zu constituiren und mehr als achtzehn Millionen Slaven durch das letzte und stärkste Band der Freiheit und Gleichberechtigung an das deutsche Oesterreich zu knüpfen, dann waren sie durch die Macht des deutschen Geistes, durch unsere Bildung, durch ein enges völkerrechtliches Bündniß mit Deutschland unwiederbringlich von dem Zuge nach Russland losgerissen; nicht nur hatten wir kein verstärktes Russland, sondern nicht einmal ein von Deutschland ganz getrenntes selbstständiges Slavenreich zu fürchten; durch Oesterreich und die Freiheit wuchsen wir mit diesen slavischen Elementen zu einer unerschütterlichen Macht in Europa’s Mitte zusammen; und wenn Oesterrreich constituirt war, konnte jener kühne Gedanke seines G e s a m m t a n s c h l u s s e s an Deutschland stets näher der Wirklichieit kommen.
Das alles war so neu, so überraschend,; der Einritt in die Civilisation und die Freiheit und die Erlangung eines Mittelpunktes für ihre Nationalität schien den Slaven noch so wenig gesichert, daß sie festhalten mussten an dem, was die einige B ü r g s c h a f t dafür schien. Dies zerrissene zusammengewürfelte, bedrohte Oesterreich fand seine Einheit nur in der D y n a s t i e, und nur in dem e i n i g e n O e s t e r r e i c h fanden die Slaven ihre Freiheit und Nationalität.
Sie hatten ein Recht dazu; der Kaiser hatte ihnen die Freiheit und das einige Oesterreich; die Berechtigung ihrer Nationalität, die politische Vereinigung ihrer Stämme gegeben. D a ß d i e D y n a s t i e u n d d i e G e s a m m t m o n a r c h i e den Slaven das L o s u n g s w o r t für die höchsten Güter ihres jungen Volkslebens sein mußten und müssen, ist das V e r h ä n g n i ß, welches den fürchterlichen Zusammenstoß vorbereitete.
Denn die Partei der R e a c t i o n, die aus der Umgebung des alten blödsinnigen Monarchen nie verterieben war, bemächtigte sich dieser Losungsworte, um mit der Einheit Oesterreichs – gerade wie jetzt eine Partei in Frankfurt mit der E i n h e i t Deutschlands – Oesterreich um die F r e i h e i t zu betrügen, um unter dem Schilde der M o n a r c h i e den Todesstoß der D e m o k r a t i e zu versetzen. So verstärkte sie ihre an sich sehr schwache Paertei; in dies Lügennetz lockten die Stadion’s die slavischen Bauern und flüsterten ihnen zu: wenn ihr für die Souveränetät des Reichstags stimmt, jagt ihr den Kaiser fort! den Kaiser, der Euch die F r e i h e i t gegeben hat! Und mit ihm fällt Oesterreich, und mit Oesterreich Eure Nationaleinheit!-
Es gelang nur allzu gut. Die deutschen Demokraten sahen mit jedem Tage mehr in den Slaven die Feinde der Freiheit, weil sie das Losungswort gerade wie die Reaction und Camarilla führten: Dynastie und Gesammtmonarchie! Die unbedingte Einheit mit Deutschland war für die Aula nur der Feldruf der Freiheit.
So wurden durch die alte Mischgestaltung Oesterreichs und durch die neue unerhörte That, daß ein Monarch die Freiheit gab, die Losungsworte der Freiheit und Nationalität durcheinander gewirrt, gemischt, getrennt, bis jetzt die Lösung durch einen Bürgerkrieg und Völkerkrieg blutig droht. Das nannten wir das V e r h ä n g n i ß, und das T r a u e r s p i e l i n O e s t e r e i c h,
Denn was uns auf der Bühne erschüttert und bewegt, ein Kampf wo jeder für sein Recht in glühender Begeisterung aufsteht, und doch jedem durch ein Verhängniß der klare Blick verwirrt ist, das sehen wir jetzt herzzerreißend in Wien und vor seinen Thoren wie in Ungarns Ebenen geschehen. Wofür sind denn Kroaten und Serben aufgstanden, als für ihr ewiges Recht gegen ihre magyarischen Tyrannen? Aber weil sie es nur in einem e i n i g e n Oesterreich und durch die Dynastie erlangen zu können glauben, ist ihr Feldgeschrei das der Reaction geworden. Und warum begannen die Deutschen in Wien den Bürgerkrieg zu Gunsten jener Tyrannen? Weil diese magyarische Nation sich von der Gesammtmonarchie losgerissen, weil sie der Reaktion ein Dorn im Auge, weil der Reichstag in Pesth von der Camarilla als D e m o c r a t e n c o n g r e ß gehasst war! Die Feindschaft gegen die Magyaren war das Werk der Reaction, die Magyaren v e r t r a t e n gegen diese die Demokratie: d a r u m ergriffen die deutschen Demokraten die Waffen für sie.
Aber können wir, kann Deutschland in müssigen Klagen verzweifelt diesem Trauerspiel zusehn? Nein, das ist unmöglich, den höheren Herzschlag niederzuhalten bei dem Anblick dieser Stadt in Waffen, dieses ganzen Volks, in dem jeder Arbeiter bewehrt, alle Stände gemischt, alle öffentlichen Gewalten demokratisch, in dem von unten auf all’ und jede Kraft emporgehoben ist, um nie wieder gebeugt zu werden, wenn dieß einemal der Sieg errungen wird. Zu ihm ist alles aufgeboten, in der höchsten Noth ist auch den Urhebern jenes fürchterlichen Mords Amnestie und Waffenrecht gegeben; es ist ein Zeichen der Revolution, die Alles einsetzen muß um alles zu gewinnen. Das P r o l e t a r i a t ist zum erstenmal in Deutschland bewaffnet.
Bitter und rasch werden die enttäuscht werden, die nur eine Bewegung für die Einheit Deutschlands, nur einen Nationenkampf in dieser Volkserhebung sehn. Das war ein Theil des Anfangs, aber j e t z t ist die Demokratie mächtig an die Spitze voran getreten. Das Reichsministerium in Frankfurt hat Beschlüsse in dieser Angelegenheit gefaßt, die zu veröffentlichen es noch nicht für gut befunden hat. Wohin sie zielen, kann kaum ein Geheimniß sein, – man braucht sich nur zu erinnern, daß Frankfurt noch in Belagerungszustand ist.
Es ist ein und dieselbe Sache überall, und in Wien, in Oesterreich fällt nun der Hauptschlag. Wenn das einige Oesterreich dabei in Trümmern ginge und statt des angebahnten Friedens- und Freiheitsbündnisses zwischen der deutschen und slawischen Welt der Völkerkrieg entflammt würde, so wäre dieser Schlag für Deutschland herber und dieß Unglück größer, als es die formelle Reichseinheit mit den deutsch-österreichischen Theilen ihm je ersetzen könnte. Und doch, selbst dieser Schmerz, der uns zuerst überwältigte, muß bezwungen werden, weil es sich um Tod und Leben für die Demokratie handelt. Die siegende Freiheit wird als erste Parole die Gleichberechtigung der Nationalitäten geben und die Hand zum brüderlichen Frieden von neuem den Slaven bieten; aber wenn sie erläge, dann würde die leer Einheit ein elender Trost für den Verlust sein.

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Else Pauline

vom garten her
schaue ich hoch
zu deinem balkon
du stehst da
winkst
schon dabei:
trauer
in unseren herzen
(10. Januar 2008)

du fehlst
(29. Juli 2019)

* 26. Oktober 1919 in Hamm
+ 31.Dezember 2007 in Hamm

Else Pauline: Trauer
Gedanken: Wenn wir von Liebe reden
Rudi: „Gefallen für Großdeutschland“

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„Foto Farbe Form. Bildwelten der Brüder Viegener“

Vor langer Zeit lebten im westfälischen Städtchen Soest drei Brüder, die im späteren Leben bekannt und berühmt geworden sind. Fritz, der älteste, schuf Grafiken und Skulpturen, Eberhard, der mittlere, Bilder des Expressionismus und der neuen Sachlichkeit und Josef, der jüngste, war ein Meister des Fotografierens. Zurzeit gibt es im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm eine Ausstellung mit Werken der drei Viegener Brüder.

Die habe ich am vergangenen Sonntag besucht d.h. an einer Führung von Maria Perrefort teilgenommen, die den Teil des Hammer Fotografen Josef Viegener kuratiert hat. Das stadtbekannte Fotogeschäft und -atelier Viegener befand sich in der Oststraße und später bis zum Jahre 2000 in der Ostenallee. Der Nachlass ist im LWL-Medienzentrum unter dem Titel „Fotosammlung Viegener – Hamm“ im Bildarchiv für Westfalen digital zugänglich. Eine feine Auswahl, zum Teil in eindrucksvollen Großformaten, wird in der Ausstellung präsentiert und wurde von Frau Perrefort den Besuchern erläutert. Wir betrachteten Portraits von Hammer Bürgern, Gesichter der NS-Zeit, historische Stadtansichten, schöne Gebäude zur Vorkriegszeit, Straßenzüge in Schutt und Asche, Wiederaufbau. Da ist die Pauluskirche ohne Turm, der hohe Schornstein der Brauerei Isenbeck, Fördertürme der Zeche Sachsen, die Straßenbahn am Westentor und das Modeatelier in der Bahnhofstraße.

Nach der Führung konnten wir uns noch die Bereiche der beiden Brüder anschauen, Skulpturen, ein großes Holzrelief und Grafiken von Fritz Viegener, den ich noch gar nicht kannte und eine ganze Reihe schöner Bilder von Eberhard Viegener, der mir bereits in einer Ausstellung zu Wilhelm Morgners 100. Geburtstag im Soester Morgnerhaus als Künstlerkollege des jungen Expressionismus in Soest zu Beginn des 20. Jahrhunderts begegnet ist. Im Gegensatz zu Wilhelm Morgner, der 26-jährig im ersten Weltkrieg fiel, konnte Eberhard Viegener über zwei Weltkriege hinweg seine künstlerische Laufbahn fortsetzen und über die expressiven Motive hinaus weitere interessante Werke schaffen. Gut gefielen mir auch seine Stilleben und Landschaftsbilder, mit denen er sich wohl während der NS-Zeit über Wasser halten konnte.

Wilhelm Morgner zum 100. Geburtstag

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Die Höhner in Hamm

„Steh auf, mach laut“. Richtig Lärm gab’s, als die sechs Herren von Höhner gestern Abend in den Zentralhallen die Bühne betraten. Hammer Publikum, das sei ja wie ein Heimspiel, meinte Frontmann Henning Krautmacher, „Wo mir sin is Kölle“. Klatschen, Schunkeln, Mitsingen durch das Programm dieser Kölner Kultband mit sechs Musikern, die ihr Handwerk verstehen.

Richtig cool kamen die bekannten Hits, als die Erdkugel durch das Publikum schwebte und auf der Bühne zum Stehen kam „Wir halten die Welt an“, „Wenn nicht jetzt, wann dann“, „Hey Kölle, du ming Stadt am Rhing…“, ein „Jeföhl“, und im gesamten Chor der Halle „Viva Colonia“. Dass die Höhner mehr können als Karneval, zeigten sie vor allem zum Abschluss mit dem perfekt arrangierten Folkcover „The Lily of the West“.

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Critical Mass in Hamm

Es scheint Leute zu geben, die glauben, die Straße gehöre allein den Autofahrern. Wie sonst ist zu erklären, dass eine geschlossene Gruppe von 16 Fahrradfahrern ungeduldig angehupt, von dicht hinter ihnen fahrenden Autos gedrängt und mit laut aufheulenden Motoren rechts und links mit viel zu geringem Abstand überholt und beim Einscheren gefährlich geschnitten wurde? Als Radfahrer auf der Straße bin ich wohl ein Störfaktor. Diesen Eindruck gewann ich gestern Abend nach 19 Uhr als Mitglied der Critical Mass Gruppe auf der Hammer Wilhelmstraße.
Critical Mass heißt wörtlich übersetzt eine kritische Masse, in dem Falle von Radfahrern, die im Verbund wie ein langes Fahrzeug am Straßenverkehr teilnimmt d.h. anstatt Radweg die Straße benutzt. Mit meiner Teilnahme gestern wollte ich demonstrieren, dass Radfahrer anstatt schmaler Radstreifchen, die zudem noch oft zugeparkt sind, viel mehr Platz in den Städten brauchen. Das gilt für meine Stadt Hamm nicht nur für die Benutzung von Verkehrswegen, sondern auch für die Möglichkeit, meinen Zossen z.B. beim Bahnhof angemessen zu parken.

Walters Track zur Tour: Critical Mass in Hamm am 27. September 2019

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„Die unendliche Geschichte“

Wenn ich an Fantasy denke, fällt mir sofort mein Leseabenteuer mit Bastian Balthasar Bux ein. Im Antiquariat von Karl Konrad Koreander findet er ein Buch, dessen Einband aus kupferfarbener Seide, illustriert mit einer hellen und einer dunklen Schlange, ihn magisch anzieht. Er nimmt es mit und „Die unendliche Geschichte“ beginnt. „Phantásien in Not“ ist die Überschrift des ersten Kapitels, das mit dem fein gestalteten Buchstaben A beginnt. So begleite ich Bastian beim Lesen auf dem Dachboden und bei seiner Reise ins Fantasyland, in dem er allmählich selbst zum Protagonisten wird.

Im Jahre 1979 erschien das Buch im Verlag Thienemann. Inzwischen wurde es in viele Sprachen übersetzt. Zum 40. Geburtstag gibt es eine Neuauflage mit überarbeitetem Cover. Das Elektrobuch hab ich mir nun gegönnt, um mich jetzt auch digital in Bastis faszinierendes Abenteuer zu begeben und mich zu fragen: Wie kommt er nun aus Phantásien in die reale Welt zurück? Gerne immer wieder von Kapitel A bis Z. Danke, Michael Ende.

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