Köln vom Süden

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Fotos: RH am 31. Mai 2014 in Bayenthal und Rodenkirchen

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„Viele Figuren im Buch sind verrückt …“

„Viele Figuren im Buch sind verrückt. Aber Klara nicht!“ Ja, das war Michael Klaus, als er im August 2002 nach der Lesung in einer Arnsberger Buchhandlung sein Buch „Klaras Geschichte“ signierte. Gelesen hatte er aus verschiedenen Büchern, jeder Text für sich eine literarische Kostbarkeit. Die Lesung fand statt im Rahmen des Arnsberger Kunstsommers, bei dem Michael einen Workshop leitete und ich das Glück hatte, dabei zu sein und diesen herausragenden Schriftsteller einige Tage lang aus nächster Nähe zu erleben, sei es in der alten Schule Präparandie genannt, im Café oben auf dem historischen Marktplatz oder beim verlassenen Haus in der Brückenstraße, das uns Teilnehmer zu einem Text inspirierte, den wir am letzten Abend, moralisch gestärkt durch unseren Meister der Worte, einer feinen Zuhörerschar vortragen durften. Die Botschaft, die er uns mit auf den Weg gab, lautete ungefähr so: „Denkt bei eurem Vortrag daran: Euer Text ist der beste, der jemals gelesen wurde.“ Ja, so war Michael Klaus, ein toller Schreiber und Performer und ein wunderbarer Ermutiger. Am 1. Juni 2008 starb er in seinem Heimatort Gelsenkirchen, viel zu früh mit sechsundfünfzig Jahren.

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10-ArnsbergMichaelSignatur

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Dazu hier mein kleiner Text, entstanden im Workshop „Kurze Texte“:

Das Haus am Brückenplatz

Brückenplatz an der Ecke Kurfürstenstraße, hier steht es und blickt mit vier Giebeln in alle Richtungen. Wo zur Herbstzeit wilder Wein bis zum Dach knallrot leuchtete, ist die Ockerfarbe am bröckelnden Fassadenputz verblasst. Vom Giebel herunterhängende trockene Äste hat noch niemand entfernt.
Knorrige Hängebirke vor Jahrzehnten am sorgsam gewählten Platz im Vorgarten gepflanzt. Jetzt wächst unter ihr Löwenzahn.
Manchmal gibt es Besuche in der Dunkelheit. Gestalten klettern über den Jägerzaun. Schleichen vorbei an der Glasveranda und der mächtigen Eingangstür mit goldenem Griff. Hinterlassen verbeultes Leergut neben einem gusseisernen schön verzierten Pfosten. Schultenbräu feinherbes Edelpils.
Kein Autogeräusch kann hier die Stille übertönen. Wo sind sie alle? Denkt die riesige Buche. Sie neigt ihre Zweige zum moosbewachsenen Dach. Hat das Warten hinter dem verlassenen Haus nicht aufgegeben. Eines Morgens werden die Fensterläden wieder geöffnet und lächelnde Gesichter blinzeln in die Morgensonne.

RH am 24. August 2002

Und hier mein Bericht von 2002:

Arnsberger Kunstsommer 2002

Danke, Michael Klaus (6. März 1952 – 1. Juni 2008) R.I.P.

Fotos: RH im August 2002 beim Arnsberger Kunstsommer

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Kleine Tour durch das Eigelsteinviertel

12ZeughausDie Ausstellung im Kölner Stadtmuseum ist ein willkommener Anlass, mal wieder durch das Eigelsteinviertel zu bummeln, in dem ich ein paar Jahre gewohnt habe. Meine kleine Tour beginnt am Hansaring, führt durch den Park am Klingelpütz, der seinerzeit noch hier stand und aus dessen vergitterte Fensterchen manch sehnsüchtiger Blick den Vorübergehenden traf, nach Überquerung der Plankgasse in die Cordulastraße, über die Eintrachtstraße zur Ursulakirche. Durch die Ursulagartenstraße erreiche ich die Eintrachtstraße in Höhe der Bahnunterführung schräg gegenüber dem Haus Nr. 72 – 78, Anfang der Siebziger mein Domizil. Dann geht’s durch die Unterführung hindurch zum Eigelstein, von wo ich zurückblickend mein Wohnhaus ein wenig entfernt rechts hinter der Bahntrasse erahnen kann.
11-WeidengasseDort, wo die benachbarte Weidengasse in den Eigelstein mündet, ist noch immer ein Supermarkt, jetzt ein „KARADAG“. War der Platz vor dem Supermarkt, die Stelle, an der Eintrachtstraße, Weidengasse und Eigelstein zusammentreffen, eigentlich früher schon verkehrsberuhigt? War es überhaupt ein Platz? Ich kann mich nicht erinnern, taste langsam weiter zum Norden in Richtung Tor, bleibe unter dem Straßenschild „Unter Krahnenbäumen“ stehen und überlege, ob es die stark befahrene Straße, die das schöne Sträßchen an dieser Stelle so ungemütlich macht, schon gab.

20-StavenhofMein nächstes Ziel ist der Stavenhof, den ich vor einigen Jahren schon mal zum Besuch der „UnsichtBar“ durchwandert habe. Das Kopfsteinpflaster wird es wohl immer gegeben haben. Jedenfalls schön, hier langzugehen. Auf dem gemütlichen Platz am Ende der Gasse, wo das Dunkelrestaurant war, ist jetzt eine Galerie, heute mit Sommerfeeling im Draußencafé. Und beim Zurückgehen entdecke ich zum ersten Mal das Schild „Anno Pief“. Meine Güte, war ich blind all die Jahre.

25-EigelsteintorburgAuch für die Eigelsteintorburg war ich wohl blind, sehe zum ersten Mal die Skulptur vom „Kölsche Boor“ und überlege, wie oft ich auf dem Weg zur Straßenbahn am Hansaring, dem Theodor Heuss Park oder zur Neusser Straße dieses Tor (mit dem Gitter?) durchschritten haben muss, wie ich es jetzt wieder tue, auf dem Ebertplatz stehe und ,wie im „Stüverhof“, Sommerfeeling unter Bäumen im Draußencafé erlebe. Und dann noch ein Blick zurück vom Norden auf den Eigelstein, die Menschen, parkende Autos, die Läden, ja, ja, die Zeiten ändern sich.

Heute wohnt der Schriftsteller Navid Kermani mit seiner Familie im Eigelsteinviertel. Er hat dazu einen wunderbaren Text geschrieben, den ich im Buch zur Ausstellung gefunden habe und aus dem ich hier zitiere:

„Ich gehe durch das Viertel, ich höre hier etwas Arabisches, dort Polnisch, links eine Sprache, die nach dem Balkan klingt, Türkisch sowieso, vereinzelt Persisch, das mich aufhorchen lässt, sonst Französisch von Afrikanern, Asiatisch, Deutsch in den unterschiedlichsten Färbungen und Qualitäten. Ich verstehe die Hälfte nicht, wirklich die Hälfte. Und von der Hälfte, die ich verstehe, versteh ich meist nur die Hälfte, weil es schon wieder hinterm Fenster oder der Ladentür verschwunden ist, schlecht artikuliert oder zu weit entfernt, ich zu schnell vorbei oder die anderen zu schnell vorbei an mir. Ich führe die Sätze selbst zu Ende oder denke mir ihren Anfang, ich stelle mir Geschichten vor, die nicht in Deutz oder im Zweiten Weltkrieg spielen, sondern in chinesischen Provinzstädten, an nigerianischen Universitäten, in Booten, Containern und Abflughallen, in denen das Herz rast.

aus: Navid Kermani „Dein Name“ erschienen im Carl Hanser Verlag 2011″

aus:
Drunter und Drüber
Der Eigelstein
Schauplatz Kölner Geschichte 2
Begleitband zur Ausstellung des Kölnischen Stadtmuseums
und des Römisch Germanischen Museum der Stadt Köln
im Kölnischen Stadtmuseum
vom 13. Dezember 2013 bis 27. April 2014
J.P. Bachem Verlag

Fotos: Renate Hupfeld am 21. April beim Kölner Stadtmuseum und am 20. Mai 2014 im Eigelsteinviertel

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Zeitreise in die DDR der Achtziger

FrielingZementHemingwayDass Ruprecht Frieling ein guter Schatzfinder ist, weiß ich schon aus Publikationen wie „Weltende“ und „Hab Sonne im Herzen“. Diesmal hat er eigene Schätze ausgegraben und zwar aus aus seiner Zeit als Reisekorrespondent zu Beginn der Achtziger Jahre. Der junge quirlige Journalist reiste im Auftrag von auflagenstarken westdeutschen Magazinen in die DDR, um zur dortigen Buch- und Kulturwelt zu recherchieren. Eine handverlesene Auswahl seiner Artikel und Interviews präsentiert er uns im Buch mit dem bezeichnenden Titel „Tausche Zement gegen Hemingway“.
Und wenn man sich mit ihm auf die Zeitreise begibt, hat man unwillkürlich die Frage im Kopf: Wie habe ich diese Zeit eigentlich erlebt? Hatte ich überhaupt mitbekommen, dass es in der Leipziger Innenstadt Buchmessen gab und dass 1982 gleichzeitig ein Luther- und ein Goethejahr war? Undenkbar im anderen Teil von Deutschland. Doch der war von meiner rheinhessischen Dorfidylle weit entfernt und wenn ich über den Tellerrand hinausblicken wollte, fuhr ich nach Mainz, Wiesbaden oder Frankfurt, um in Klamotten-, Buch- und Schallplattenläden reichlich Stoff zu finden. Da gab es alles, was frau sich wünschte, seien es Wranglerjeans, Bücher von Carl Rogers, Rowohlts „Neue Frau“, selbstredend das gesamte Programm von Hemingway und Elpis (LPs), wie zum Beispiel die „Odyssee“ vom kleinen Udo, der mit Rockband und leckerem Fläschchen Cognac den „Sonderzug nach Pankow“ nehmen und in Ostberlin auftreten wollte.
In diesem Song traf Lindenberg den Nerv derjenigen, die sich schon lange fragten, ob „Honey“ (Erich Honnecker) und seine Gefährten das Ideologie- und deutsch-deutsche Grenzgehampel nicht langsam selber lächerlich fänden. Nein, sie fanden es normal, dass im Jahre 1982 zum Beispiel entsprechende Gebäude (aber nur die) in den Städten Weimar, Eisleben und Wittenberg goethe-, luther- und ideologiegerecht aufgeputzt wurden und dass weder im Karl May Museum noch in der gesamten Republik ein einziges Buch dieses in Radebeul aufwändig zelebrierten Autors zu kaufen war.
Ich erlebe ganz neue Facetten unseres inzwischen untergegangenen Nachbarlandes, die ich mir zu der Zeit nicht entfernt vorstellen konnte. Mangel war die Regel, und das beim großen Lesehunger des Volkes, das vor dem Buchladen am Ostberliner Alexanderplatz Schlange stehen und warten musste, bis endlich ein Einkaufskörbchen frei wurde und dann doch nur selten das Gesuchte fand. Dafür jedoch gab es reichlich Lesestoff, den man nicht suchte, der aber den Verantwortlichen zur politischen Erziehung wichtig war.
Als gut bewachtes und ideologisch eng begleitetes „Feindobjekt Westjournalist“ reiste Frieling nach Erfurt, Weimar, Halle und immer wieder nach Ostberlin und bewegte sich geschickt auf dem schmalen Grat zwischen Sachbericht und Systemkritik. Den Schalk im Nacken forderte er seine teils sympathischen, teils sperrigen Gesprächspartner heraus, immer auf der Hut, nicht über das Ziel hinauszuschießen und somit künftige Rechercheprojekte zu gefährden.

Mein Fazit: Dieses Buch von Ruprecht Frieling hat mich sehr gut informiert über einen ganz wichtigen Teil deutscher Vergangenheit und es hat mich zum Nachdenken gebracht dahingehend, dass ich in Zukunft manche Gegebenheiten deutsch-deutscher Gegenwart differenzierter mit mehr Hintergrundwissen betrachten werde.

Tausche Zement gegen Hemingway: Berichte zur Literaturgeschichte der DDR

Homepage von Wilhelm Ruprecht Frieling

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Simone de Beauvoir

2014-01-09-BeauvoirBilly

Vergilbt und fleckig stehen ihre Werke im Billy zwischen Bachmann und Bergengrün. Irgendwann müssen ihre Botschaften wohl sehr wichtig für mich gewesen sein. Als erstes erinnere ich mich an ihr Selbstbewusstsein, ihren unerschütterlichen Stand in der Männerwelt und meinen Respekt. Auf jeden Fall war sie eine ganz besondere Frau. Wie viele besondere Frauen, war sie aus ihrer Zeit gefallen. Heute ist ihr 106. Geburtstag.

2014-01-09-BeauvoirKalender

… ich hatte eine Gefährtin, meine Schwester … Man nannte sie Poupette; sie war zweieinhalb Jahre jünger als ich … wir trugen ganz gleiche Kleider, gingen fast imer zusammen aus, wir führten das gleiche Leben … Behaglich in meiner Rolle als Ältere installiert, maßte ich mir keine Überlegenheit über sie an außer der, die mir mein Alter gab … Sie war meine Gefolgsmännin, mein zweites Ich. Ich, meine Doppelgängerin: wir waren einander vollkommen unentbehrlich.
Simone de Beauvoir

Bild und Text vom Kalenderblatt im Arche Literatur Kalender 2014

2012-CafeDeFlorParis

Simone de Beauvoir war im Café de Flore im Pariser Stadtteil Saint-Germain-des-Prés regelmäßig zu Gast.

Fotos: © Renate Hupfeld

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love and peace

2013-12-31-LoveAndPeace2014

Liebe und Frieden

wünsche ich

allen meinen Besuchern.

Rückblick?

Ausblick?

Mal sehen, wie es auf dem Buchmarkt weiter geht.

Meine Vision:

Literarische Kostbarkeiten jenseits von Thriller, Vampir und ChickLit werden von Lesern entdeckt, geschätzt und erobern die E-Book Charts. Ich denke an Uwe Timm, Hartmut Lange, Christof Hamann oder Matthias Göritz und Marion Poschmann. Dazu müssten allerdings deren Verlage über Preisgestaltung im digitalen Bereich nachdenken, 16,99 Euro im Kindle Shop für Poschmanns „Sonnenposition“ ist einfach No-Go.

Und hier noch ein paar Bilder vom ersten Spaziergang im neuen Jahr:

Neujahrsgruß aus Hamm an der Lippe

Und … ach, ja! Vorschläge für Reader, PC, Mac, Tablet …:

Renates E-Book Galerie

Foto: © Renate Hupfeld am 16. Dezember 2013 in Köln – Hohenzollernbrücke und Dom

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Revolutionär vom Kap

2013-12-05-NelsonMandelaScreenShotCNN

Der Revolutionär ist tot, seine Visionen von Freiheit und Gerechtigkeit leben.

Nelson Mandela (18. Juli 1918 – 5. Dezember 2013)

R.I.P.

Bild: Screenshot des CNN Livestreams vom 6. Dezember 2013 gegen 0:00 Uhr

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Aufruhr im Autorenland

EULENSP1

Wenn ich zurzeit auf einige Plattformen im Autorenland schaue, fühle ich mich an die Balgerei um einen Berg von Schuhen erinnert, nachdem ein Schelm namens Eulenspiegel gehörig sein Unwesen getrieben hatte. Das war vor vielen Jahrhunderten auf einem Marktplatz mitten in einer kleinen Stadt.

Seit einigen Tagen ist auf dem Markplatz für unabhängig publizierende E-Book-Autoren richtig was los. Was ist passiert? Spiegelbest, nach einem Interview in einem Magazin wohl bekanntester E-Book-Klauer, hat in seinem Blog einen offenen Brief an die Autoren geschrieben. Dieser wurde in Form einer Kolumne auf einer Autorenplattform publiziert. Was hat er den Autoren zu sagen? Ihr könntet mit Recht denken und sagen: ‚Nichts!‘, heißt es im Untertitel. Ja, da gibt es nichts Neues, wenn er plaudert, von seinem wirklichen Leben, dem Wirken als Buchpirat und Ex-Buchpirat, Raubkopieplattformen allgemein, dem Buchmarkt und seinen Visionen, alles zusammengefasst im Schlussappell: Nehmt das Medium, wie es ist. Seht die Möglichkeiten und akzeptiert die Abgründe!

Ja, ja, die Abgründe im Autorenland. Der Kolumne folgt ein wahrer Wirbelsturm von Kommentaren in Foren und Gruppen. Da gibt es neben ganz wenigen sachlichen Beiträgen Beschimpfungen, Anfeindungen und inszenierte Abgänge. Vielleicht ist SB (SpiegelBest), nicht zu verwechseln mit SP (SelfPublisher), unter diesen Kommentatoren außer als Spiegelbest noch als der eine oder andere dabei. Wer weiß denn schon, wie viele Identitäten er hat?

Jedenfalls fühle ich mich angesichts der Balgerei um die schlagendsten Argumente an die Balgerei um Eulenspiegels Schuhberg erinnert.

Moral? Darüber muss ich jetzt mal nachdenken.

Was hat ein Buchpirat den Autoren zu sagen? [Kolumne]

Foto: Till Eulenspiegel Skulptur in Mölln © Hans Weingartz www.hansweingartz.de

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200 Jahre Völkerschlacht

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Vor 200 Jahren, am Abend des 19. Oktober 1813, standen drei Monarchen, Kaiser Franz I. von Österreich, Kaiser Alexander I. von Russland und König Wilhelm III. von Preußen, auf einem Hügel in der Nähe von Leipzig und nahmen nach tagelangen äußerst verlustreichen Kämpfen die Nachricht vom Rückzug der Truppen Napoleons entgegen. Vierunddreißig Jahre später, am 19. Oktober 1847 wurde auf diesem Hügel bei Leipzig ein pyramidenförmiges Denkmal eingeweiht. Mein Protagonist Theodor Althaus (1822 – 1852) war dabei und verfasste für die Bremer Weser-Zeitung einen Artikel über dieses Ereignis, in dem er die Organisation und vor allem die dort gehaltene Rede heftig kritisierte. Die Feier sei nicht dazu angetan gewesen, die tausend Anwesenden anzusprechen und auf das Wichtigste zu lenken, nämlich dass es ein Sieg der Kämpfer auf dem Schlachtfeld war und nicht das Verdienst von drei Monarchen im Glauben an Gott, wie der Redner weismachen wollte. Eine Feier für das Volk sei diese Einweihungsfeier nicht gewesen, war sein Fazit.

Als der Artikel Das Denkmal auf dem Monarchenhügel bei Leipzig am 24. Oktober 1847 im Sonntagsblatt zur Weser-Zeitung erschien, war Theodor die Aufmerksamkeit in der Stadt Leipzig gewiss. Die Empörung bei den Verantwortlichen war so groß, dass er schon fürchten musste, ausgewiesen zu werden. Seine Freunde im Museum und Café dagegen beglückwünschten ihn zu diesem klaren politischen Statement.

1847-10-24-Das Denkmal auf dem Monarchenhügel bei LeipzigAusschnitt

Hier ist ein Ausschnitt aus dem Artikel von Theodor Althaus:

Das Denkmal auf dem Monarchenhügel bei Leipzig. *)

* Aus Norddeutschland, 21. Oct. Kaum zurückgekehrt von einer längeren Reise, schreib’ ich Euch einen Bericht über die Eindrücke des letzten Tages, frisch, wie sie mich fast noch beherrschen, wie sie mir noch ganz nah sind und nicht erst mit Tagebüchern und Erinnerung lebendig gemacht zu werden brauchen. Wozu sollen wir auch Alles erst alt werden lassen, eh’ wir ihm den Schritt an das offene Licht gönnen? warum erst nach allen Richtungen hin die Sache durchspüren, alle Ecken und Spitzen abbrechen, alles Harte mildern, alles Hässliche verschönern, so daß zuletzt kein Mensch mehr weiß, was denn eigentlich die Hauptsache gewesen ist und wie es in den Momenten, die geschildert werden, durch die Nerven gezuckt hat ! Deutsches trauriges Vorurtheil, als ob das Fischblut am besten zum Beobachter befähigte! Ja, wenn dies Vorurtheil – und dies Fischblut – nicht wäre, wenn Alles was existirt und geschieht, in seiner vollen Bedeutung erfasst, durchgelebt, in die Tiefen der Seele gesenkt würde, unvergeßlich: dann müssten wir schon einen guten Schritt weiter sein, dann würden manche Worte, an die man sich längst ruhig gewöhnt hat, ein lastendes Gewicht in der Wagschale werden, und manches Ereigniß, das jetzt wie ein bloßer Nachklang vergangener Zeit unbeachtet bleibt, würde wie ein scharfer, erschütternder Ton uns in’s Herz schneiden. Setzt das Leben ein, riskirt es in Emotion zu kommen, eine Thräne im Auge zu erdrücken, mit dem Fuß zu stampfen vor Entrüstung, – denn setzt ihr nicht Euer Leben ein, nie wird Euch das Leben gewonnen sein!

Ich war dazu in der rechten Stimmung, bewegt von den verschiedensten Eindrücken und empfänglich für Alles, als ich am achtzehnten das alte Leipzig wieder begrüßte und mit Verwunderung sah, wie es sich fortwährend verjüngt und geputzt hatte in den letzten Jahren. In dem „grünen“ Böhmen, dessen Wälder aber schon in den herbstlichen Farben prangten, war ich an der Elbe und im Gebirg wochenlang gewandert, um den Staub der Arbeit ein wenig abzuschütteln, und von den hussitischen Schlachten hin durch die Jahre des dreißigjährigen Kriegs, von Prag bis Eger, bis zu Seume’s Hügel und dann bis zu den waldigen Höhen von Culm, waren deutsche Erinnerungen mir lebendig entgegengetreten. Dresden mit seinen Palästen, mit der Terrasse des allmächtigen Ministers, mit seinen schön-verwitterten Monumenten – dem Zwinger, dem Museum, den Kirchen in der fremdländischen Bauart -, war mir wie ein Bild aus dem Jahrhundert der Höfe und Fürsten erschienen, und wieder war ich in ein paar Stunden nach dem neuen glänzenden Leipzig, in das Jahrhundert des Bürgerthums und des Handels versetzt; die letzten Bretter und Budengerüste auf den weiten Plätzen sahen mich an wie Trümmer am Strand nach der großen Fluth der wogenden Messe, deren Wellen sich erst vor wenig Tagen gelegt hatten.

Mit einem lieben Freunde, der mich schon am Bahnhof empfangen hatte, wollte ich auch den anderen Morgen, der mir noch bleib, ungestört zubringen; aber seine Correspondentenpflicht erlaubte ihm nicht, das Fest des neunzehnten Octobers, die Einweihung des Denkmals auf dem Monarchenhügel zu versäumen. Mich reizte diese Feier doch auch; monatelang war ich früher in Leipzig gewesen, ohne daß mir im Drang von Arbeiten und Geschäften auch nur der Gedanke gekommen wäre, das Schlachtfeld zu besuchen, ich kannte nur zufällig Poniatowsky’s Grabmal im Garten an der Elster; – jene Zeit liegt uns ja so weit, so überwunden fern, und was sollte man auch suchen auf den weiten ebnen Feldern, wenn man sich in den schattigen Gängen des Rosenthals erholen kann? Die Feuer auf den Bergen, von deren ewiger Glut einst die jungen und verjüngten Herzen in Begeisterung redeten, sind längst erloschen, sind schon zwei Jahre nach der Völkerschlacht, am Rhein und an der Mosel polizeilich verboten, aus zarter Rücksicht für die französischen Gefühle, die vielleicht gereizt und gedemüthigt wären, wenn am Abende jener Schlachttage rings von den Bergen der Grenze die erneute Siegsfreude in das besiegte Land herübergeleuchtet hätte.

[…]

Vollständiger Artikel im Blog zur Lebensgeschichte von Theodor Althaus: Denkmal auf dem Monarchenhügel bei Leipzig

Foto: © Renate Hupfeld (Information zur Ausstellung im Innenhof des Deutschen Historischen Museums Berlin am 19. September 2013)

Die Lebensgeschichte von Theodor Althaus:

Theodor Althaus – Revolutionär in Deutschland (Kindle Shop)

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Wie gehen Autoren eigentlich miteinander um?

2013-10-18-AutorenUmgangAusschnitt

Für Autoren ist seit zwei Jahren die Zeit des Klinkenputzens bei Verlagen vorbei. Mit der Einführung von Kindle Direkt Publishing in Deutschland kann jeder sein fertiges Manuskript selbst veröffentlichen. Das hat dazu geführt, dass unabhängige Autoren eine große Zahl von Titeln auf den Buchmarkt brachten. Doch schon bald zeigte sich, dass nicht alle Verfasser von selbst verlegten Büchern über das notwendige Handwerkszeug zur Fertigung einer Story, eines Romans oder sonstigen Textproduktes verfügten. Hunderte von gegenseitig gegebenen Gefälligkeitsrezensionen taten ein Übriges, um den Ruf der so genannten Selfpublisher zu ruinieren. Nicht alle Autoren wollten sich damit abfinden und einige taten sich zusammen mit dem gemeinsamen Ziel, auf einer Plattform nur astrein erstellte Publikationen zu präsentieren, diesen Qualitätsstandard auch zu prüfen und mit einem Label für jeden sichtbar zu machen. Und das wiederum führte dazu, dass einige Autoren dieser Gruppe in einer fiesen Schmutzkampagne anonym attackiert wurden. Inzwischen haben sich diese Heckenschützen wieder verkrochen, doch immer noch müssen Mitglieder der Gruppe damit rechnen, dass sie unqualifiziert angefeindet werden. So geschehen kürzlich in einem SocialMedia Forum, wo man einige Mitglieder vorführte, die nichts anderes getan hatten, als einen neuen Weg zu finden, ihre Produkte zu promoten, das heißt sichtbar und erfolgreich zu machen. Sie hatten nämlich eine richtig gute Idee, indem sie jeweils zwei genremäßig zusammen passende Romane zu einem Buch zum Preis von einem anbieten. Was gibt es da zu meckern? Wo ist das Problem? Das frage ich die Kritiker. Ja, wie gehen sie eigentlich mit ihren Schreibkollegen um? Anstatt sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen, wird getreten. Das macht mich sehr traurig.

Twindie? Twindie!

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