In der Nähe der Stadt Bozen am Zusammenfluss von Etsch und Eisack liegt hoch oben auf einem Felsen das Schloss Sigmundskron. Bereits im Jahre 945 erwähnt hat die imposante Anlage mit wechselnden Besitzern eine lange Geschichte. Die jüngste Geschichte und Grund, warum es uns während eines Wanderurlaubs im Grödnertal zu dieser Festung zieht, beginnt im Jahre 2006. Seitdem beherbergt die Burg eines von fünf Messner Mountain Museen. Reinhold Messner, berühmter Meister der höchsten Gipfel, hat es sich zum Ziel gesetzt, weltweit gesammelte Erfahrungen und Erkenntnisse aus seinen Touren an viele Menschen weiterzugeben. Verständlich, dass er das in seiner Südtiroler Heimat tut, deren Hochalmen, felsige Steigungen und Panoramablicke auch uns Westfalen faszinieren.
„Der verzauberte Berg“ lautet das Motto der Ausstellung in Schloss Sigmundskron. Ich bin gespannt auf die Präsentation, gehe durch ein Eingangstor und betrete das Gelände wie einen heiligen Ort. Schon im ersten Raum fasziniert die großartige Architektur, die trotz moderner Treppen und transparenter Wände die historische Substanz des alten Gemäuers erhält. Nach Betrachtung einer chronologischen Folge von Gemälden, Bildern, Fotografien und Videos finde ich mich wieder im Goethezitat, auf einem Holzbalken abgedruckt: „Die Gebirge sind stumme Meister und machen schweigsame Schüler.“
Ja, die stummen Meister sind präsent, stehen da, wo sie stehen, groß, hoch, gewaltig, trotzen Wind und Wetter und schauen wohlwollend auf uns kleine Wesen herunter. Wohlwollend schauen auch die allgegenwärtigen Götter in einem anderen Raum. Sie lächeln sogar. Es ist eine Präsentation rund um den „Kailash“, heiliger Berg Tibets. Götter aller Religionen sollen im Gebiet dieses legendären Kegels wohnen. Jeder Tibeter hat das Ziel, den Bergriesen zu umrunden. Eine äußerst schwierige mehrtägige Tour, die bis auf 5700 m hoch geht, erfahre ich später im Video. Messner hat ihn zweimal umrundet, jedoch nicht bestiegen, zu heilig der Berg, heißt es. Nur ein Eremit namens Yogi Milarepa (1052-1135) habe seinerzeit den Gipfel erreicht, auf einem Sonnenstrahl, sagt die Legende.
Nach Besichtigung des weißen Turms, in dem die Geschichte von Schloss Sigmundskron mit Höhen und Tiefen dokumentiert wird, heißt es hochsteigen auf das gegenüberliegende Turmgebäude. Auch hier wird die eindrucksvolle Architektur der Anlage beibehalten, Treppen und Räume modern gestaltet, prima kombiniert mit dem historischen Ambiente. Zahlreiche Details aus vielen Bereichen des Bergsteigens gibt es hier zu sehen, Kleidung, Schuhe, Zelte, Ausrüstung geeignet für gefährliche Klettertouren bei extremen Wetterverhältnissen.
Manches schleppt man gar nicht wieder hinunter, sondern wirft es da ab, wo man es gerade nicht mehr braucht. Eine gefüllte Box mit Sauerstoffflaschen, Atemgeräten und anderem erinnert an den Everest als „höchsten Müllberg der WELT“. Und nicht jeder kommt aus diesen extremen Höhen zurück. Das hat Reinhold Messner hautnah erfahren, als er im Jahre 1970 von einer Tour auf den Achttausender Nanga Parbat ohne seinen jüngeren Bruder Günther zurückkehren musste. Ihm und vielen anderen Toten vom Nanga Parbat hat er einen kleinen Raum gewidmet, akustisch begleitet von der Stimme Bob Dylans „The answer, my friend…“.
MMM Messner Mountain Museum „Firmian“ am 26. Juli 2017